Pjotr Tschaikowski |
Werk: Sinfonie Nr. 5 e-Moll, op. 64
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1888
Uraufführung: 17. November 1888 in St. Petersburg
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 45 Minuten
Sätze:
- Andante - Allegro con anima
- Andante cantabile, con alcuna licenza
- Valse. Allegro moderato
- Finale. Andante maestoso - Allegro vivace
Tschaikowski komponierte dieses Werk zwischen Mai und Ende August 1888 und dirigierte seine Uraufführung am 17. November des gleichen Jahres in St. Petersburg. Elf Jahre trennten die "schicksalsschwere" Vierte Sinfonie von 1877 und die Fünfte, über die Tschaikowski sowohl während als auch nach der Komposition ambivalente Gefühle ausdrückte. An seine Patronin Nadeschda von Meck schrieb er im August 1888, dass "es für mich scheint, als wäre ich nicht gescheitert und das ist gut." Nachdem er sie in Prag dirigiert hatte, schrieb er jedoch: "Sie ist gescheitert; es gibt da etwas Abstoßendes, etwas Überflüssiges und Unaufrichtiges, das das Publikum sofort erkennt." Bis März konnte er jedoch schreiben: "Ich mag sie nun deutlich besser."
Tschaikowski hatte das Orchester zwischen 1877 (als er sich dem, in eigenen Worten, "kopflosen Akt" der Ehe verschrieben hatte) und 1888 keineswegs vernachlässigt. Er komponierte ganze vier bezaubernde und fantasiereiche Suiten, von denen die zweite und dritte als Sinfonien hätten durchgehen können, wenn er sie so hätte nennen wollen. Darüber hinaus schrieb er 1885 die unnummerierte, aber geniale "Manfred-Sinfonie". Dennoch hat Tschaikowski die sinfonische Form nie als gleichartig zu Oper oder Ballett empfunden. Seine Methode war der Herangehensweise von Liszts Tongedichten näher als dem österreichisch-deutschen Erbe, das unter seinen Zeitgenossen von Brahms und Bruckner fortgeführt wurde. Tschaikowski bevorzugte Sequenzen (in diesem Fall das Etablieren und Wiederholen einer viertaktigen Zelle) gegenüber enharmonischer Entwicklung. Hörer, die seine Musik manchmal so verwirrend finden wie er selbst Brahms' Neigung aufgrund einer Überladung mit Sequenzen empfand, finden, dass solch wiederholte Figuren in einem überladenen Effekt resultieren. Seine größten Talente waren Melodie und Orchestrierung: man möge sich die aus einer Musik entlehnten Popsongs ansehen, wie beispielsweise "Moon Love", geschnitzt aus dem langsamen Satz der Sinfonie Nr. 5.
Wie die Vierte wird die Sinfonie Nr. 5 von einem sechstaktigen "Schicksalsmotto" vereint, welches direkt in einer dunkel gefärbten Andante-Einführung zu hören ist bis der Korpus des 4/4-Satzes nach einer Pause zu einem Allegro con anima (sowohl mit "Seele", wie auch Geist) in Sonatenform wird. Es baut sich zu einer wilden Klimax in Fortissimo auf bevor es niedergeschlagen endet. Tschaikowski nannte den reichhaltig melodiösen langsamen Satz Andante cantabile, con alcuna licenza (Langsam singbar mit gewisser Freiheit). Grundsätzlich in D-Dur ist es eine Sonatina (Exposition und Reprise) in 12/8-Takt mit einer ausgeklügelten, dreiteiligen Liedstruktur als Ersatz einer Durchführung. Ihre spezielle Pracht ist eine Arietta für Solohorn, die von "Moon Love" geplündert wurde, obwohl das ominöse Mottothema des ersten Satzes zweimal unterbricht - so wie die Statue des Commendatore auf Don Giovannis Einladung zum Abendesessen antwortet.
Der dritte Satz ist quasi ein Scherzo, aber tatsächlich ein Walzer in A-Dur aus Tschaikowskis bester Ballettschublade mit einem Trio in fis-Moll, sowie einer langen Coda, die das Motto wiederholt, nun in 3/4-Takt. Deutsche Wissenschaftler waren empört ob eines Walzers in einer nummerierten Sinfonie, nicht so aber Brahms, der gerade in Hamburg war, um eine Probe zu hören und während eines trinkfreudigen Mittagessens mit Tschaikowski am nächsten Tag die ersten drei Sätze lobte.
Das Motto beginnt den letzten Satz wie den ersten, nun aber in E-Dur, Andante maestoso, und führt zu einem weiteren Allegro-Sonatenkonstrukt - dieses hier eher Vivace als Moderato mit einem Alla-breve-Takt, der es in Fahrt hält. Am Ende der Reprise schreibt Tschaikowski sechs B-Dur-Akkorde - eine falsche Kadenz, die beständig Applaus hervorruft - vor dem Motto, das nun in Messhemd und Fanon gekleidet, eine Coda in Dur startet, die so lange ist wie die gesamte Durchführung. Sie beschleunigt zu einem Presto-Wettrennen zum Doppelstrich bevor sie sich ganz zu Ende ausbreitet zu einer triumphal klingenden Tetrade an abschließenden Akkorden.
(c) Roger Dettmer, Pjotr Tschaikowski
Kaufempfehlung:
Leningrader Philharmoniker, Dir. Jewgeni Mrawinski Label: DGG, ADD, 1961 |
YouTube:
State Academic Symphony Orchestra "Evgeny Svetlanov", Dir. Wassili Petrenko
am 21.12.2015 in Moskau
am 21.12.2015 in Moskau
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen