Maurice Ravel |
Werk: Daphnis et Chloé
Epoche: Moderne
Entstehungszeit: 1909-12
Uraufführung: 8. Juni 1912 im Théâtre du Chatelet von Paris
Besetzung: Chor (textlos) und Orchester
Aufführungsdauer: ca. 55 Minuten
Abschnitte:
- Introduction et danse religieuse
- Danse générale
- Danse grotesque de Dorcon
- Danse légére et gracieuse de Daphnis
- Danse de Lycéion
- Nocturne. Danse lente et mystérieuse des Nymphes
- Introduction
- Danse guerrière
- Danse suppliante de Chloé
- Lever du jour
- Pantomime (Les amours de Pan et Syrinx)
- Danse générale (Bacchanale)
Viele sehen Daphnis et Chloé, eine choreografische Sinfonie in drei Szenen, als Maurice Ravels großartigstes Werk an. Diese Bezeichnung könnte aber nicht gerade fair sein; es gab sein ganzes Leben hindurch so viele verschiedene Maurice Ravels, jeder mit einem anderen Satz musikalischer Ziele, jeder ergründete andere musikalische Welten, so dass es nicht richtig wäre die Bezeichnung des absoluten Meisterwerks an irgendeines der besten Werke einer jeden dieser Epochen zu heften, nur weil genau dieses länger, ambitionierter und zugänglicher ist. Aber Daphnis et Chloé ist sicherlich eines der farbenfrohsten, verzwicktesten und in einem sehr direkten, fast physischen Sinn wunderbar orchestriertesten Werke aller Zeiten; müsste man einem von Ravels Werken einen überragenden Status verleihen ausschließlich aufgrund seiner Orchestrierung, würde zweifellos dieses Ballett das dafür ausgewählte sein. Es könnte im gesamten Repertoire des 20. Jahrhunderts (inklusive der Werke Strawinskis) kein gekonnter orchestriertes Werk geben und ganze Regale an Schulbüchern zu Orchestrierung könnte man ohne Verlust wegwerfen und einfach durch ein gründliches Studium dieser Partitur ersetzen.
Daphnis et Chloé wurde zwischen 1909 und 1912 im Auftrag Djagilews und der Ballets Russes komponiert und ist eine Vertonung einer Geschichte, die von Michel Fokine aus dem gleichnamigen griechischen Werk von Longos adaptiert wurde. Es wurde am 8. Juni 1912 uraufgeführt. Das Konzert war nicht gut vorbereitet und nur wenige Menschen nahmen von Ravels Stück Notiz. Zwei aus der Partitur entnommene Orchestersuiten machten allerdings Furore, als Ravel sie kurze Zeit später herausbrachte (insbesondere die Suite Nr. 2, die vielleicht immer noch Ravels meistgespieltes Werk ist).
Ravel war immer schon mehr daran interessiert traditionelle musikalische Formen und Strukturen zu reproduzieren anstatt die Art klanglicher Tonwelten zu erreichen, die etwas herzlos als impressionistische Musik über einen Haufen geschert werden; Daphnis et Chloé ist, Abschnitt für Abschnitt, entlang eindeutig klassischer Linien aufgebaut (Ravel war darauf extrem stolz). Selbst die berühmte Musik zum Sonnenaufgang zu Beginn der dritten Szene mit ihrer brillanten Zweiunddreißigstelnoten, die im Orchester verstreut wurden und dem hellen Zirpen von Flöten und Piccolo, sowie der ekstatischen, aufsteigenden Melodie, trägt nichts in sich, das man progressiv oder in technischem Sinne sogar besonders innovativ nennen könnte, obwohl sicherlich nichts, das zuvor komponiert wurde, auch nur annähernd so klingt. Das war die Essenz von Ravels Genie: die Fähigkeit das Alte zu nehmen und es irgendwie wie komplett neu und anders klingen zu lassen. Ob Daphnis et Chloé Ravels größte Errungenschaft ist, mag eine irrelevante Frage sein: aber vom allerersten Ruf des hinter der Bühne postierten Chores, entfernt und von einer antiken Welt der Hirten und Nymphen nach vorne getragen, bis zur rhythmischen Orgie des Schlusstanzes ist es ein fester Beweis für Ravels beeindruckende Fähigkeit verschiedene Element zu einem umwerfenden neuen Ganzen zu verschmelzen.
(c) Blair Johnston
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