Ralph Vaughan Williams |
Werk: Fantasia on a Theme by Thomas Tallis
Epoche: Postromantik
Entstehungszeit: 1910
Uraufführung: 6. September 1910 in der Kathedrale von Gloucester
Besetzung: Streichquartett und 2 Streichorchester
Aufführungsdauer: ca. 15 Minuten
Die Uraufführung von Vaughan Williams' Fantasia on a Theme by Thomas Tallis fand im Rahmen des Three Choirs Festivals in der Kathedrale von Gloucester am 6. September 1910 statt. Das Programm widmete sich hauptsächlich Edward Elgars Oratorium "The Dream of Gerontius", was zu gewissen Teilen ihren relativ kühlen Zuspruch erklären könnte. Aber auch die für damalige Verhältnisse unübliche Behandlung eines unüblichen Quellenmaterials könnte das Publikum verwirrt haben.
Vaughan Williams begegnete Tallis' Hymne, während er das Buch "The English Hymnal" 1906 herausbrachte; sie trat zuerst in Erzbischof Parkers metrischem Psalter von 1567 auf und war eine Vertonung der Worte "Why fumeth in fight?". Die eigenartigen modalen Eigenschaften der Melodie mit ihren auffallenden verminderten Septen gestatteten dem Komponisten nicht nur beträchtliche harmonische Freiheit gegenüber den üblichen Einschränkungen der Diatonik und Chromatik, sondern machte auch das gleichzeitige Gefühl des Altertümlichen und Modernen möglich, das das Markenzeichen des Werks ist.
Die Tallis-Fantasie ist für zwei Streichorchester, von denen das eine als "entfernter" Chor funktioniert, sowie einem einzelnen Streichquartett angelegt. Nach fünf weit auseinander gelegenen Akkorden und ein paar wenigen Takten, in denen das Thema fragmentarisch von Pizzicato-Bässen, Celli und gestrichen schwankenden mittleren Streichern angestoßen wird, wird Tallis' Hymnenmelodie in ihrer Originalharmonie von Bratschen und Celli mit Tremolando-Begleitung der hohen Streicher dargeboten, bevor sie in einer Version wiederholt wird, die die gesamten harmonischen und kontrapunktischen Fertigkeiten einer großen Streichersektion offen legt.
Dann trennen sich die Streicherchöre für einen kurzen Teil ab, in dem Fragmente von Tallis' Thema im ersten Streichorchester von entfernten, akkordischen Träumereien des zweiten Orchesters beantwortet werden. Dies dient nicht nur als kurze Durchführung, sondern führt auch das einzelne Streichquartett ein, dessen meisterhafter Kontrapunkt Vaughan Williams' Affinität für Streichinstrumente demonstriert. Wenn dann die rhapsodische Meditation an Intensivität zunimmt, treten die moderneren Aspekte der Komposition stärker in den Fokus mit vage impressionistischen Harmonien, die sich mit den modalen vermengen und zu einem beeindruckenden Höhepunkt führen, in dem die beiden Orchester mit ihrer vollen Akkordkraft von der Leine gelassen werden. Das Streichquartett führt eine abschließende, leuchtende Träumerei über Tallis' Melodie ein und die Fantasie endet mit einer kurzen Coda, in der die Solovioline einen kurzen Segen ausspricht, während das Orchester abklingt.
(c) Mark Satola
Kaufempfehlung:
New Zealand Symphony Orchestra, Dir. James Judd Label: Naxos, DDD, 2001 |
BBC Symphony Orchestra, Dir. Anthony Davis
in der Kathedrale von Gloucester
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