MOZART: Sinfonie Nr. 38 D-Dur "Prager"

Wolfgang Amadeus Mozart
Lebensdaten: 27. Januar 1756 Salzburg - 5. Dezember 1791 Wien
Werk: Sinfonie Nr. 38 D-Dur, KV 504 "Prager"
Epoche: Klassik
Entstehungszeit: 1786
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 25 Minuten
Teile:

  1. Adagio - Allegro
  2. Andante
  3. Finale. Presto

Am 1. Mai 1786 erhielt Mozarts neue Oper "Le nozze di Figaro" im Burgtheater von Wien ihre Uraufführung. Von Kennern enthusiastisch aufgenommen, überforderte die lange und komplexe Oper aber einen Großteil der allgemeinen Öffentlichkeit und sie erhielt nur acht Aufführungen. Anfang Dezember wurde der Figaro im Nationaltheater (heute als Ständetheater bekannt) von Prag produziert, wo er zu einem solch triumphalen Erfolg wurde, dass Mozart die böhmische Hauptstadt zu besuchen beabsichtigte, um die Produktion selbst anzusehen. Als er und seine Frau Constanze am 11. Januar 1787 eintrafen, brachte er eine neue Sinfonie mit sich, die Anfang Dezember fertiggestellt worden war (und am 6. Dezember Mozarts thematischem Katalog beigefügt wurde). Die Sinfonie wurde in das Konzert mit eingeführt, das Mozart acht Tage später gab, was in der Uraufführung eines Werks endete, das nachfolgend unwiderruflich mit der Stadt assoziiert werden sollte, in der der Komponist seinen größten Triumph späterer Jahre erlebte. Ein Jahrzehnt nach dem Konzert bescheinigte der Prager Schulmeister Franz Niemetschek (der Mozarts Sohn Carl nach dem Tod des Komponisten 1791 unterrichtete) der Sinfonie ihre anhaltende Beliebtheit: "Die Sinfonien, die er für diese Gelegenheit komponiert hatte, sind wahre Meisterwerke der instrumentalen Komposition... Dies betrifft insbesondere die große Sinfonie in D, die immer ein Favorit ist in Prag, obwohl sie zweifellos schon hundertfach gehört wurde."

Solche Verbindungen führten zur allgemeinen Ansicht durch Mozarts Biografen, dass die "Prager" Sinfonie für seinen Besuch dort komponiert wurde, das kann aber nicht der Fall sein - Mozart komponiert das Werk, bevor er die Einladung zum Besuch der Stadt erhielt. Tatsächlich zeigt ein Brief seines Vaters (vom 17. November 1786) eindeutig, dass Mozart zur Zeit der Komposition einen Besuch nach England plante, ein Besuch, der nie stattgefunden hat, weil Leopold sich weigerte nach den beiden jungen Kindern des Komponisten zu sehen. Daher scheint es völlig nachvollziehbar zu denken, dass das Werk mit Mozarts geplantem London-Aufenthalt im Hinterkopf komponiert wurde - was wir also als die "Prager" Sinfonie kennen, hätte die "Londoner" Sinfonie werden können, hätten seine Pläne Früchte getragen. Ein unübliches Merkmal der Sinfonie ist, dass sie aus nur drei Sätzen besteht; es ist das einzige große sinfonische Werk der Wiener Klassik, das das übliche Menuett und Trio oder Scherzo als Satz vermissen lässt. Nichts an diesem Werk ist allerdings klein; sie rechtfertigt Niemetscheks Beiwort "groß" vollauf. Der Anfangssatz, eine weite, imposante Adagio-Einführung, der ein immens mächtiges Allegro folgt, ist einer der beeindruckendsten aller sinfonischen Sätze der klassischen Musik mit dramatischen Qualitäten, die Don Giovanni prophezeien und eine Meisterung des Kontrapunkts, die bis dahin auf Mozarts Kammermusik beschränkt blieb. Das zentrale Andante übersteigt gänzlich die unbekümmerte Implikation einer solchen Satzbezeichnung; es ist ein Satz aus profunder, liedhafter Tiefe und kontrapunktischem Talent. Das finale Presto zeigt ebenfalls einiges der dämonischen Macht des Don Giovanni, die Oper, die Mozart in Kürze für Prag komponieren sollte, während es gleichzeitig eine Welt bewohnt in der trotz all der hellen Dur-Musik die Tragödie nie zu entfernt zu sein scheint.

(c) Franz Niemetschek, Brian Robins

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