Carl Orff |
Werk: Carmina Burana
Epoche: Moderne
Entstehungszeit: 1935-36
Uraufführung: 8. Juni 1937 in Frankfurt am Main
Besetzung: Solisten, Chor und Orchester
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde, 5 Minuten
Teile:
- O Fortuna
- Fortune plango vulnera
- Veris leta facies
- Omnia Sol temperal
- Ecce gratium
- Tanz
- Floret silva
- Chramer, gip die varwe mir
- Reie
- Swaz hie gat umbe - Chume, chum geselle min
- Were diu werit alle min
- Estuans interius
- Olim lacus colueram
- Ego sum abbas
- In taberna quando sumus
- Amor volat undique
- Dies, nox et omnia
- Stetit puella
- Circa mea pectora
- Si puer cum puellula
- Veni, veni, venias
- In trutina
- Tempus est iocundum
- Dulcissime
- Ave formosissima
- O Fortuna
Schon 38 als er mit der Komposition der Carmina Burana begann - Lieder aus Benediktbeuern - war Orff fast 42, als er sie schließlich fertiggestellt hatte. Trotz des Zusatztitels "Weltliche Lieder" entwarf er das Werk als Theaterstück, eine "szenische Kantate", die getanzt, sowie gesungen und gespielt werden soll. Zusätzlich zu den Sopran-, Tenor und Baritonsolisten, sowie großem, kleinem und Knabenchor, sind die Carmina Burana für dreifache Holz- und Blechbläser, fünf Pauken, Perkussion für sechs Musiker, Celesta, zwei Klaviere und Streicher angelegt. Bertil Wetzelsberger dirigierte am 8. Juni 1937 in Frankfurt am Main die Uraufführung.
Die Texte wurden vorrangig von Vaganten, umherziehenden Gelehrten und nichtpraktizierenden Klerikern im Mittelalter geschrieben - sozusagen mittelalterliche Hippies mit einigen darunter vermischten Skins. In einem Manuskript aus dem 13. Jahrhundert erhalten geblieben wurden sie in einem bayrischen Kloster nahe der Passionsspielstadt Oberammergau 1803 gefunden (Burana ist ein lateinischer Neologismus für Beuern, woraus später Bayern wurde). In mittellatein, mittelhochdeutsch und mittelalterlichem französisch verfasst, nehmen die meisten Texte - abwechselnd derb, sinnenfreudig, komisch, pseudotragisch, aber üblicherweise erotisch - die Regierung und die Kirche auf den Arm.
Die Carmina Burana sind aus 26 Teilen überwiegend in Dur zusammengesetzt. Ein aus zwei Liedern bestehender Chorprolog "Fortuna imperatrix mundi" (Fortuna, Kaiserin der Welt) handelt von dem sich stets drehenden Schicksalsrad, das den Menschen erhebt, nur um ihn fallen zu lassen. Die nächsten 22 Abschnitte sind in drei ungleiche Teile unterteilt.
Zunächst kommt "Primo vere" (Im Frühling), neun ausgelassene Nummern, die mit kleinem Chor beginnen, danach Baritonsolo und voller Chor. Die abschließenden sechs wurden "Uf dem Anger" (Auf dem Rasen) untertitelt und beginnen mit einem Tanz für Orchester; es folgt ein verträumter Walzer für große und kleine Chöre; ein weiteres Liebesabenteuer für beide Chöre zur Begleitung von Schlittenschellen und gezupften Bratschen; ein Reigentanz in ABA-Form, der ab der Mitte zu einem Allegro molto wird und schließlich ein von Blechblasfanfaren eingeführtes, kurzes Allegro.
Danach kehrt die Musik in geschlossene Räume - "In taberna" (In der Taverne) - für ein Quartett an weltlichen Liedern, die die Völlerei und Trunkenheit preisen. Ein berauschter Vagant zählt sein Liebesleben auf, gefolgt von einem Schwan, der (in Person eines hohen Tenors) seine Sterblichkeit beklagt, während er auf dem Spieß gebraten wird. Ein angeheiterter Abt tritt als nächster auf und führt zu einem aufrührerischen Gedränge beschwipster, männlicher Chorsänger.
Das abschließende Drittel ist der "Cour d'amours" (Hof der Liebe), dessen zehn Teile eher zur Kürze neigen; doch selbst wenn die Musik unschuldig zu sein scheint, sind die Texte oder Subtexte sexuell, beginnend mit dem Knabenchor und einem liebestollen Sopran. Danach drückt der Solobariton die Verzweiflung eines Werbenden aus. Der Sopran folgt mit "Stetit puella" über ein hübsches Mädchen in einer roten Tunika. Der Bariton singt eine Geschichte von geplanter Verführung mit Unterstreichung vom Chor, die die komödiantische Begegnung männlicher Chorsänger und einer Magd einleitet, a cappella. Es folgt ein verliebter Doppelchor mit Begleitung aus Klavier und Perkussion. Das "In trutina" des Soprans ist zwischen Liebe und Sittsamkeit hin- und hergerissen, nur um dann von einer erotischen Aneinanderreihung von Jedermann (außer dem gebratenen Tenorsolisten) übermannt zu werden, durchbrochen vom stratosphärischen "Dulcissime" (Allersüßester, ich gebe mich ganz dir hin) des Sopran. Die Kulminierung des "Cour d'amours" ist "Banziflor et Helena", ein weiterer Lobgesang an Venus, die über die Tugend siegte. Schlussendlich erfolgt die Wiederholung von "Fortuna, imperatrix mundi".
(c) Roger Dettmer
Kaufempfehlung:
Sally Matthews, Lawrence Brownlee, Christian Gerhaher (Solisten), Rundfunkchor Berlin, Berliner Philharmoniker, Dir. Simon Rattle Label: Warner, DDD/LA, 2004 |
YouTube:
Janice Watson, Donald Maxwell, James Bowman (Solisten), Bournemouth Symphony Chorus, Highcliffe Junior Choir, Waynflete Singers, Bournemouth Symphony Orchestra, Dir. Richard Hickox
4. September 1994
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