Benjamin Britten |
Werk: War Requiem, op. 66
Epoche: Moderne
Entstehungszeit: 1961
Uraufführung: 30. Mai 1962 in Coventry
Besetzung: Solisten, Chor und Orchester
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde, 25 Minuten
Teile:
- Requiem aeternam
- Dies irae
- Offertorium
- Sanctus
- Agnus Dei
- Libera me
Benjamin Britten verbrachte den Großteil der 1950er damit weitere Werke zu der Reihe erfolgreicher Opern hinzuzufügen, die er mit Peter Grimes Mitte der 1940er begonnen hatte. Obwohl er eine kurze Auszeit von der Oper genommen hatte, um das War Requiem zu schreiben, ist eindeutig, dass der dramatische Geist, der seine Opernwerke antrieb sich auch in diesem Werk niederließ, seiner monumentalsten Arbeit. Obwohl das Requiem auf seine eigene Art sogar noch offenkundiger theatralisch ist als Verdis sehr bekanntes Requiem (das von Hans von Bülow als "Oper im Kirchengewande" bezeichnet wurde), kann es nicht wirklich als eine Oper ohne Bühne angesehen werden. Die musikalischen Vorgehensweisen von Brittens Opern waren bis 1961 klar umrissen und das War Requiem hat nur wenig mit ihnen zu tun. Das Werk vertraut stattdessen einfachen, eingeteilten musikalischen Mitteln, um ein Denkmuster zu übermitteln, das selbst Hörer mit nur wenig Mühe verfolgen können, die nicht mit der oft verwirrenden Welt der Musik der Mitte des 20. Jahrhunderts vertraut sind.
Tatsächlich war eine solch unmittelbar zugängliche Sprache eines der grundlegendsten Ziele des Komponisten, als er sich daran machte die Antikriegslyrik von Wilfred Owen (der nur eine Woche vor den Friedensverträgen von 1918 im Gefecht ums Leben kam) in das traditionelle Muster eines Requiems zu erweitern. Das War Requiem ist keinesfalls reine Musik und seine verschiedenen Teile könnten vermutlich nicht für sich alleine stehen. Es ist ein Werk mit einer grundlegend humanen Botschaft, einfach und ungekünstelt und sich gänzlich auf die Verteilung strukturellen Materials verlassend (getrennte instrumentale und vokale Kräfte werden den beiden verschiedenen Textstücken zugeordnet), um seine Wirkung zu entfachen. Das Werk knüpfte fast unmittelbar eine enge Beziehung zu englisch-sprachigem Publikum auf der ganzen Welt nach seiner Uraufführung in der neuen Kathedrale von Coventry am 9. Mai 1962 und für viele bleibt es Brittens größte Errungenschaft.
Auf struktureller Ebene ist das War Requiem massiv, seine sechs großen Teile, die jeweils kleinere Unterabschnitte umfassen, dauern insgesamt rund 90 Minuten. Von den Glockenklängen und dem fast skandierten Chor der Anfangstakte des Requiem aeternam an ist Brittens Nutzung des Tritonus als grundlegende, vereinende Vorrichtung offenkundig. Mit dem Te decet hymnus tritt ein Knabenchor auf, nur um von Owens Gedicht "What passing-bells" unterbrochen zu werden, angelegt als Tenrosolo. (Die Tenor- und Baritonsolisten singen alle Gedichttexte.) Der rastlose Tritonus macht nun Platz für einen Moment zeitweiliger Ruhe am Ende dieses ersten Satzes, der sich in einen F-Dur-Akkord auflöst.
Das Dies Irae, das nicht weniger als zehn separate Unterabschnitte umfasst, ist der längste der sechs Sätze, während die folgenden Offertorium und Sanctus zusammen nur sechs Teile an Musik umfassen. Das Dies Irae schließt mit einem ruhigen Choral Pie Jesu, während das Sanctus der einzige Satz ist, der mit einem von Owens Gedichten endet, dem düsteren Baritonsolo "After the blast of lightning". Mit eiskaltem Effekt wird das abschließende Dona nobis pacem des folgenden Agnus Dei nicht, wie man erwarten könnte, vom Chor gesungen, sondern stattdessen beklommen vom Tenorsolisten. Am Ende des abschließenden Libera me jedoch wird zumindest ein Stück Frieden, oder zumindest Ruhe erreicht, wenn der unbegleitete Chor nach langwierigen und quälenden Mühen die Stärke findet den lästigen Tritonus zum klangvollen F-Dur-Akkord des finalen "Amen" aufzulösen.
(c) Blair Johnston
Kaufempfehlung:
Ľuba Orgonášová, Anthony Rolfe Johnson, Bo Skovhus (Solisten), NDR Chor, Monteverdi Choir, NDR-Sinfonieorchester, Dir. John Eliot Gardiner Label: DGG, DDD/LA, 1992/95 |
YouTube:
Anna Netrebko, Ian Bostridge, Thomas Hampson (Solisten), Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor, Coro e Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Dir. Antonio Pappano
2013 bei den Salzburger Festspielen
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