TSCHAIKOWSKI: Violinkonzert D-Dur

Pjotr Tschaikowski
Lebensdaten: 7. Mai 1840 Wotkinsk (Russland) - 6. November 1893 St. Petersburg
Werk: Violinkonzert D-Dur, op. 35
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1878
Besetzung: Violine und Orchester
Aufführungsdauer: ca. 32 Minuten
Sätze:

  1. Allegro moderato
  2. Canzonetta. Andante
  3. Finale. Allegro vivacissimo

Tschaikowski komponierte dieses Werk 1878. In Clarens, nahe Genf, stellte Tschaikowski nach seinem Fehlversuch einer Ehe, sowie seinem Selbstmordversuch, sowohl den Onegin als auch Anfang 1878 die vierte Sinfonie fertig. Nach einer Rundreise nach Moskau im Februar für die Uraufführung der Sinfonie, wurde er in Clarens vom Violinisten Iossif Kotek besucht. Tschaikowski skizzierte aus Zuneigung zu Kotek in gerade einmal 11 Tagen ein Violinkonzert und hatte die Orchestrierung zwei Wochen später fertig, darin befand sich ein neuer langsamer Satz anstelle eines, den Kotek und Tschaikowski jüngerer Bruder Modest als zu schwach empfunden hatten.

Pjotr Iljitsch widmete das neue Konzert an Leopold Auer, den legendenumwobenen ungarischen Emigranten, der zwei Generationen an russischen Virtuosen unterrichten sollte. Doch genau wie Nikolaj Rubinstein vier Jahre zuvor das Klavierkonzert b-Moll verunglimpft hatte, erklärte Aue dieses neue für "unspielbar" (obwohl auch er sich widerruf und zu einem der Meister des Werkes wurde). Daher war es ein Wiener Publikum, das am 4. Dezember 1881 mit Adolf Brodski und Dirigent Hans Richter die Uraufführung zu hören bekam. Es war eine unzureichend geprobte und schwach begleitete Aufführung über die Eduard Hanslick schrieb: "sie ruft in uns den empörenden Gedanken hervor, dass es einfach Musik geben könnte, die 'in den Ohren stinkt'". Er schrieb in der gleichen Kritik jedoch auch, dass "das Konzert Proportion hat, musikalisch ist und nicht ohne Genie."

Zusätzlich zu seiner strukturellen Schlüssigkeit strotzt das Konzert geradeso vor Melodien, in solcher Fülle, dass die wunderbare Eröffnungsmelodie des Orchesters nie noch einmal auftritt! Danach erhält der Solist den jeweils ersten Versuch an ihnen, beginnend mit dem "sehr gemäßigten" Hauptthema. Das zweite ist als molto espressivo bezeichnet, woraufhin das Hauptthema vor der Durchführung zurückkehrt, die in einer prächtigen Solokadenz endet, gefolgt von der Reprise und Coda.

Die Canzonetta ("kleines Lied") in Andante in 3/4-Takt mit ABA-Form enthält ein Hauptthema in g-Moll (das zusätzlich als molto espressivo bezeichnet wurde) und ein kontrastierend schnelleres, Chopin-ähnliches zweites Thema in Es-Dur. Ohne Pause beginnt der nächste Satz wie ein Überschallflugzeug von der Startrampe. Es ein Trepak in Rondoform mit zwei extrovertierten Themen mit folkloristischem Charakter, abgerundet von einer ausgedehnten Coda, die das Stück wie ein Derwisch beenden lässt. Kein russischer Komponist vor oder nach Tschaikowski hat je wieder ein Konzert mit größerer Finesse oder Elan beendet, nicht einmal Rachmaninow (der mit Tschaikowskis Segen schon früh lernte wo er sein Handwerk lernen musste).

(c) Roger Dettmer

Kaufempfehlung:
Nathan Milstein (Violine), Wiener Philharmoniker, Dir. Claudio Abbado
Label: DGG, ADD, 1973
YouTube:
Julia Fischer (Violine), Orchestre Philharmonique du Radio France, Dir. Wassili Petrenko

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