Pjotr Tschaikowski |
Werk: Sinfonie Nr. 4 f-Moll, op. 36
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1878
Uraufführung: Februar 1878 in Moskau
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 42 Minuten
"Ich möchte nicht, dass aus meiner Feder sinfonische Werke entstehen, die nichts ausdrücken und die aus leerem Spiel mit Akkorden, Rhythmen und Modulationen bestehen. Sollte eine Sinfonie nicht das ausdrücken, wofür es keine Worte gibt, das aber ausgedrückt werden muss?", schrieb Tschaikowski über seine f-Moll-Sinfonie in einem Brief an Tanejew 1878.
Alle Sinfonien Tschaikowskis sind tief aus ihm ausgewrungen und sind titanische Werke der Liebe. In seinen Schriften schreibt er über viele von ihnen als wären sie lebende Wesen - die Kinder, von denen er wusste, dass er sie ansonsten nicht kriegen würde. Der Prinz darunter ist die extrovertierte und wilde Vierte.
Ende 1876 hatte Tschaikowski begonnen seine f-Moll-Sinfonie zu skizzieren. Er hatte sich auch entschieden zu heiraten, vielleicht aus der Hoffnung auf sowohl soziale Erlösung und psychische Katharsis. Im Frühling 1877 enthüllte eine seiner Studentinnen, Antonina Miljukowa, dass sie hoffnungslos in ihn verliebt sei und im Juli heiratete er. Die Ehe scheiterte und Tschaikowski geriet in einen solchen Strudel der Selbstverachtung, dass er seine Frau misshandelte und dann verließ und auch einen halbherzigen Suizidversuch unternahm. Nichtsdestotrotz fuhr Tschaikowski mit der Arbeit an der Vierten fort und fand vielleicht eine Zuflucht aus dem Elend seines Lebens in den Wundern der Musik. Im Oktober dieses Jahres formalisierte seine wohlhabende Mäzenin, Nadeschda von Meck, ein ein regelmäßiges Gehalt an ihn. Er schien Inspiration und auch emotionale Nahrung aus ihrer lang anhaltenden Beziehung geschöpft zu haben und im Januar 1878 war das Werk vollendet.
Obwohl sie der Dritten nach nur drei Jahren folgte, war die Vierte den ersten dreien plötzlich Jahrzehnte, sogar Generationen voraus. Tschaikowskis jugendliche Naivität war verschwunden und an ihrer Statt steht ein profunder Blick der unbedeutenden Rolle des Menschen in einem monströsen Universum. Das Werk schlägt zu gegen die Grenzen von Trotz, Hoffnung, Ernüchterung und Triumph und ist gleichermaßen reichhaltig melodisch und donnernd bombastisch. Das Schicksal - Tschaikowskis lebenslanger Begleiter und Folterer - hat plötzlich eine Stimme und sie wird gehört im Ausbruch der Posaunen, Hörner und Trompeten zu Beginn der Sinfonie. Laut, hartnäckig, bar jeder Wärme oder Vibrato fordert sie in einem einzigen Moment totale Aufmerksamkeit ein und kehrt den ganzen ersten Satz hindurch regelmäßig wider, um selbst die kürzesten und unschuldigsten Anflüge von Glück niederzuschlagen. Unter vielen Mitbewerbern zählt dieser Satz zu Tschaikowskis besten in puncto musikalischer Struktur und emotionaler Wirkung.
Im Alter von 38 Jahren immer noch hoffnungsfroh, fügte Tschaikowski sogar einen Satz der ruhigen Besinnlichkeit und ein unglaublich wirksames Pizzicato-Scherzo ein, bevor er freisetzt, was man am Besten als großartigen Derwisch der Freude und Feier beschreibt, der den Hörer in einer atemberaubenden Ekstase entführt. In Tschaikowskis Gedanken war dies definitiv so, wie es sein musste. So unnachgiebig und unpersönlich das Schicksal ist, musste seine Missachtung und Sieg darüber sogar noch großartiger sein. Befürworter einiger anderer Komponisten könnten darüber streiten, aber es steht die Behauptung, dass Tschaikowski in seiner Vierten das Akzeptieren des Menschen und seines Platzes im Universum so gut in sinfonischer Musik umsetzt wie niemand anderes. Das Werk wurde von Meck gewidmet, aber als "An meine beste Freundin" verschlüsselt. Es wurde im Februar 1878 in Moskau uraufgeführt.
(c) Michael Morrison
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