BARTÓK: Konzert für Orchester

Béla Bartók
Lebensdaten: 25. März 1881 Nagyszentmiklós (Österreich-Ungarn) - 26. September 1945 New York City (NY, USA)
Werk: Konzert für Orchester, Sz 116
Epoche: Moderne
Entstehungszeit: 1943
Uraufführung: 1. Dezember 1944 in Boston (MA, USA)
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 38 Minuten
Sätze:

  1. Introduzione. Andante non troppo
  2. Giuoco delle coppie. Allegretto scherzando
  3. Elegia. Andante non troppo
  4. Intermezzo interrotto. Allegretto
  5. Finale. Pesante - Presto

Nach einem Jahr mit jäh nachlassender Gesundheit wurde bei Bartók 1943 Leukämie diagnostiziert. Er war seit fast drei Jahren in den Vereinigten Staaten, eine Zeit, in der er finanzielles Ungemach, künstlerische Isolation und die Trennung von seiner Inspirationsquelle Ungarn und dessen Fülle an volkstümlicher Musik aushalten musste. Das Einkommen und die Anerkennung, die er erhielt, kam hauptsächlich von seinen Auftritten als Pianist (oder manchmal als Doppelpianist mit seiner Frau Ditta Pásztory), aber die schlechte Gesundheit verhinderte ab Januar 1943 seine Auftritte. Es schien, als wäre sein Leben zum Stillstand gekommen, als er einen Auftrag zu einem großen Orchesterwerk erhielt von Sergei Kussewizki, dem Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra. Die Geldmittel für den Auftrag kamen, was Bartók nicht wusste, von seinen engen Freunden und gemeinsamen ungarischen Emigranten Joseph Szigeti und Fritz Reiner. Bartók reiste nach Saranac Lake, NY und arbeitete zwischen August und Oktober 1943 am Konzert für Orchster. Das Werk wurde 1944 zum ersten Mal gehört und obwohl es Bartók nicht schaffte die Uraufführung in Boston zu besuchen, hörte er eine nachfolgende Aufführung in New York.

Wie auch das vierte und fünfte Streichquartett (1928 und 1934) ist auch das Konzert für Orchester in fünf Sätzen und einer sogenannten "Bogenform" angelegt, in der der erste und fünfte, sowie der zweite und vierte Satz verwandt sind, während der dritte Satz als Grundpfeiler des Bogens dient. Die Anfangstakte des Konzerts präsentieren ein Thema von aufsteigenden Quarten in den Celli und Kontrabässen, beantwortet von Streichern in tremolando und flatternden Flöten in Bartóks typischem "Nachtmusik"-Stil. Trompeten singen im Pianissimo einen strengen, kurz phrasierten Choral, auf dem das Thema des zentralen Allegro vivace basiert. Ein lyrisches zweites Thema wird von der Oboe eingeführt, die Stimmung bleibt aber dunkel, während sich das Material entwickelt. Erst, wenn die Bläser in einen modalen Fugenteil ausbrechen, gibt es die Andeutung, dass sich die Geschehnisse aufhellen könnten. Bartók notierte, dass der Vorgang des Konzerts von ursprünglicher Dunkelheit in Richtung Licht sei und dass das thematische Material der Fuge in modifizierter Form als Grundlage des jovialen Moto-perpetuo-Finales zurückkehren würde.

Der zweite Satz ist "Spiele von Paaren" genannt und zeigt Holzbläser in nachfolgenden Paaren mit dichten, intervallischen Beziehungen, die sich aus dalmatinischer Volksmusik ableiten. Der synkopierte Rhythmus, der diese Spiele begleitet - von einer kleinen Trommel ohne Snare gespielt - überträgt sich in den Mittelteil hinein, einen weichen Choral für Blechbläser. Bartók beschrieb den Scheitelsatz drei "Elegie" als ein "schwermütiges Todeslied", in dem sich unruhige Effekte der "Nachtmusik" mit intensiven, gebetartigen Bitten abwechseln (die erneut mit dem choralartigen Material verwandt sind, das die erste Hälfte des Werks durchdringt). Das nachfolgende "unterbrochene Intermezzo" liefert die ersten wirklich sorglosen Momente des Werks mit seiner satirischen Behandlung des Marschthemas aus Schostakowitschs "Leningrader" Sinfonie, die Bartók in einem Radioprogramm gehört hatte. Bartók-Schüler Elliott Antokoletz bemerkt, dass die warme und singbare Melodie des Satzes für Bratschen ein bekanntes Lied von Zsigmond Vincze, "Ungarn, du bist so schön und prächtig" zitiert und damit ein unmissverständliches Gefühl des Heimwehs in die Musik einbringt. Das Finale beginnt mit einem hervorspringenden Ruf nach Ordnung für alle vier unisono gespielten Hörner, gefolgt von einem wilden Moto-perpetuo-Tanz, währenddem die aufeinanderfolgenden Teile kaum eine Atempause einlegen. Bartók lieferte zwei Enden, das erste ist relativ abrupt, das zweite traditioneller kulminierend und nutzt das sich nach oben bewegende, dritte Motiv in Moll, das als intervallisches Motto in vielen Werken für Bartók diente. Das alternative Ende ist das, welches üblicherweise gespielt wird.

(c) Mark Satola

Kaufempfehlung:
Cincinnati Symphony Orchestra, Dir. Paavo Järvi
Label: Telarc, DDD, 2005
YouTube:
Orchester der Musikhochschule Weimar, Dir. Nicolás Pasquet
am 8. Dezember 2011 in Weimar

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen