PALESTRINA: Missa Papae Marcelli

Giovanni Pierluigi da Palestrina
Lebensdaten: um 1525 in Palestrina (Kirchenstaat) - 2. Februar 1594 in Rom
Werk: Missa Papae Marcelli
Epoche: Renaissance
Entstehungszeit: 1567
Besetzung: Solisten
Aufführungsdauer: ca. 32 Minuten
Sätze:

  1. Kyrie
  2. Gloria
  3. Credo
  4. Sanctus
  5. Benedictus
  6. Agnus Dei 1
  7. Agnus Dei 2
Als vermutlich Palestrinas bekanntestes Werk verdankt diese Messe ihre beträchtliche Reputation einer oft erzählten Legende, nach der die katholischen Behörden, überwältigt von der spirituellen Schönheit und Würde dieses Stücks, einen vorgeschlagenen Bann über die Benutzung von Musik während Gottesdiensten rückgängig machte. Ohne die Missa Papae Marcelli, so heißt es weiter, hätte die geistliche Musik nach dem 16. Jahrhundert aufgehört zu existieren. Die echte Geschichte ist etwas weniger dramatisch. Obwohl ein vollständiger Bann auf Kirchenmusik nie ernsthaft in Betracht gezogen wurde, machte sich die katholische Kirche tatsächlich Sorgen um die wachsende Säkularisierung und zunehmende Komplexität liturgischer Musik. 1555 sprach Papst Marcellus II. (nach dem die Messe benannt ist) den päpstlichen Chor an und drängte die Musiker dazu nach Einfachheit, Klarheit und Verständlichkeit in ihren Kompositionen zu trachten. Marcellus' Ratschläge wurden mit der Verkündung des Konzils von Trient in Bezug auf Musik 1562 und 1563 zur offiziellen Politik. Es gibt keinen Zweifel, dass Palestrina Marcellus' Ratschläge gehört und auch beherzigt hatte. Tatsächlich kannte eine Gesandtschaft von Kardinälen, die zwischen 1564 und 1565 daran arbeitete die Entscheidungen des Konzils bezüglich Musik umzusetzen, Palestrinas Musik. Es ist recht bemerkenswert, dass eines der Mitglieder der Gesandtschaft der mächtige Kardinal Carlo Borromeo, Erzbischof von Mailand, war, der ein außergewöhnliches Verständnis für Palestrinas Werke hatte. Im Vorwort zum Zweiten Buch an Messen (1567 veröffentlicht, das die Missa Papae Marcelli erhielt) bemerkte der Komponist ausdrücklich, dass diese Messen in einem "neuen Stil" geschrieben wurden, um "die ernsthaftesten und religiösesten Personen in hohen Ämtern" zu erfreuen. Dieser "neue" Stil, mit der Missa Papae Marcelli eingeführt und in ihr auch sehr bewusst vorhanden, stammt im Grunde aus der Urquelle der katholischen Musik, dem gregorianischen Choral. Palestrina entfernte aus seiner geistlichen Musik praktisch alle Bezüge zu Volksliedern und benutzte stattdessen motivisches Material aus gregorianischen Choralmelodien und entwickelte einen Stil der Komposition für Gesang, die der melodischen Struktur des gregorianischen Chorals viel verdankt. Das Ergebnis war Musik von großer Einheit, Klarheit und Schönheit, basierend auf dem altehrwürdigen, einstimmigen Repertoire der Kirche. Nirgendwo in Palestrinas enormen Werkkatalog wurden Marcellus' musikalische Ideale offenkundiger umgesetzt. Das Stück ist ganz und gar streng und würdevoll, dunkel gefärbt durch einen Fokus auf die tiefen Stimmen. Die kontrapunktische Bewegung ist langsam und exquisit kontrolliert, die Proportionen wurden architektonisch erdacht. Die Sätze mit längerem Text (Gloria, Credo) sind homophon geschrieben, das heißt alle Stimmen bewegen sich gemeinsam in statischen Akkorden. Diese neuartige Technik, die den Fokus wirksam auf die Worte legt, während sie einen willkommenen Kontrast zu den kontrapunktisch aktiveren, polyphonen Sätzen liefert, stellte sich als so wirkungsvoll heraus, dass sie zur Standardeigenschaft für all seine späteren Messen wurde. Trotz ihres zurückhaltenden Stils entbehrt die Masse keinen bemerkenswerten Höhepunkten. Wunderbar kontrollierte, dissonanten Zusammenstöße verleihen dem Kyrie eine bewegende Schmerzlichkeit, während das Christe und Sanctus die gewandten melodischen Kompositionen vorhersehen, die später charakteristisch wurden. Das üppige, stufenförmige "Amen" am Ende des Credo bleibt eine der schönsten Passagen in der Polyphonie des 16. Jahrhunderts.

(c) Natalie Boisvert

Kaufempfehlung:
Oxford Camerata, Dir. Jeremy Summerly
Label: Naxos, DDD, 1991
YouTube:
The Tallis Scholars, Dir. Peter Phillips

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