MUSSORGSKI: Boris Godunow

Modest Mussorgski
Lebensdaten: 21. März 1839 Karewo (Russland) - 28. März 1881 St. Petersburg (Russland)
Werk: Boris Godunow
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1868-74
Uraufführung: 8. Februar 1874 in St. Petersburg
Besetzung: Gesang, Chor und Orchester
Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden, 45 Minuten
Teile (Version 1868):

  • Akt 1, Szene 1: Nowodjewitschij-Kloster
  • Akt 1, Szene 2: Boris' Krönung
  • Akt 2, Szene 3: Pimens Kammer
  • Akt 2, Szene 4: Die Wirtschaft an der litauischen Grenze
  • Akt 3, Szene 5: Der Kreml
  • Akt 4, Szene 6: Basiliuskathedrale
  • Akt 4, Szene 7: Boris' Tod

Die Idee Alexander Puschkins Versdrama Boris Godunow in eine Oper umzuwandeln wurde Modest Mussorgski vom Geschichtsprofessor Wladimir Nikolski während eines Besuch bei Ljudmila Schestakowa in St. Petersburg nahegelegt. Schestakowa sandte Mussorgski eine Kopie des Dramas, welches er bis Herbst 1868 angepasst hatte. Die erste Version von Boris Godunow wurde zwischen Oktober 1868 und Juli 1869 komponiert und die Orchestrierung bis Dezember fertiggestellt. Mussorgski legte die Partitur dem kaiserlichen Direktorat der Theater vor, das im Februar 1871 das Werk ablehnte. Die Gründe des Direktorats Boris Godunow abzuweisen hatten wenig mit dem revolutionären Stil der Oper zu tun; ihre größten Bedenken waren vielmehr der Mangel einer weiblichen Hauptfigur. Das Direktorat erkannte Mussorgskis Talent und bot ihm an die Entscheidung zu überdenken, falls eine zusätzliche Szene hinzugefügt würde. Mussorgski nahm diese Nachrichten mit Motivation auf und stürzte sich in eine große Überarbeitung der Oper und reichte dabei weit über das hinaus, was verlangt wurde. Er kürzte Szenen, u.a. die in Pimens Kammer und fügte andere hinzu, darunter die Szene im Wald bei Kromy, fügte Tänze und die Figur der Marina Mnischek hinzu. Diese Version der Oper wurde nach einem Testlauf von drei Szenen im Mariinski-Theater von St. Petersburg im Dezember 1873 akzeptiert. Boris Godunow feierte im Januar 1874 im Mariinski unter Naprawnik seine Uraufführung.

Boris Godunow war von Beginn an ein uneingeschränkter Erfolg beim russischen Publikum. Es wurde bis 1882 fünf mal wiederbelebt für insgesamt 22 Aufführungen, was es zuvor noch nie gab für eine eigene, russische Oper. Boris Godunow wurde nachfolgend zur beliebtesten aller russischen Opern. International errang eine von Nikolai Rimski-Korsakow vorgenommene Version große Beliebtheit aufgrund einer luxuriösen Neuorchestrierung von Mussorgskis absichtlich düsteren orchestralen Strukturen. Kaum hatte die neuere Version begonnen die Hauptstädte Europas zu erobern, als unter Kritikern Rufe laut wurden Mussorgski "ursprüngliche Version" wiederzubeleben. Das Problem ist, dass es zwei "ursprüngliche" Versionen gibt, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Ab den 1970ern wurden zahlreiche Kombinationen aus beiden zum Standard für Boris, basierend auf David Lloyd-Jones' kritischer Ausgabe von 1975, die beide Opern Seite an Seite druckte. Jede Kombination der Versionen von 1869 und 1872 des Boris Godunow verpfuscht das Szenario; die Version von 1869 ist dicht konstruiert in vier "Teilen" und kommt auf gerade sieben Szenen. Sie ist im Tonfall karg und ruft eher Bertolt Brechts dialektisches Theater der 1920er in Erinnerung als die Oper des 19. Jahrhunderts. Boris wird in der ersten Version zu einem offensichtlicheren Bösewicht als in der Überarbeitung, die diese Frage offen lässt. Die Version von 1872 ist auch ausgedehnter, in vier Akten und einem Prolog angelegt, die Szenen dauern länger und die Kanten von 1869 wurden etwas aufgeweicht. Erst 1998 wurde eine Aufnahme beider Versionen des Boris zusammen in einem Medium veröffentlicht und konkret wurde es zum allgemeinen Konsens, dass man die eine oder die andere Version wählen sollte, wenn eine "ursprüngliche" Version von Mussorgski dargeboten werden soll.

(c) Uncle Dave Lewis

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