SIBELIUS: Sinfonie Nr. 2 D-Dur

Jean Sibelius
Lebensdaten: 8. Dezember 1865 Hämeenlinna (Finnland, Teil Russlands) - 20. September 1957 Järvenpää (Finnland)
Werk: Sinfonie Nr. 2 D-Dur, op. 43
Epoche: Postromantik/Moderne
Entstehungszeit: 1901-02
Uraufführung: 8. März 1902 in Helsinki (Finnland, Teil Russlands)
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 44 Minuten
Sätze:

  1. Allegretto
  2. Tempo andante, ma rubato
  3. Vivacissimo
  4. Finale. Allegro moderato

Die Entstehungsgeschichte der zweiten Sinfonie kann auf Sibelius' Italienreise Anfang 1901 zurückgeführt werden. Die Reise kam durch die Anregung seines Freundes, dem Hobbymusiker Axel Carpelan, zustande und es war dort, als er begann über verschiedene ambitionierte Projekte nachzudenken, darunter ein viersätziges Tongedicht, das auf der Geschichte von Don Juan basiert und einer Vertonung von Dantes Göttlicher Komödie. Obwohl keiner dieser Pläne je Früchte trug, fanden einige der auf dieser Reise skizzierten Ideen ihren Weg in den zweiten Satz dieser Sinfonie. Carpelan war auch behilflich dabei Geld zu sammeln, das Sibelius gestatten sollte sein Werk am Konservatorium von Helsinki zu verfassen und sich ganz der Komposition der zweiten Sinfonie widmen zu können. Trotz der Hilfe seines Freundes entsprang aus Sibelius' Rückkehr nach Finnland im Sommer und Herbst kein großer Ausbruch an Inspiration und ausgedehnte Überarbeitungen verzögerten die Uraufführung, erst auf Januar 1902 und dann auf März 1903. Aber von da an genoss die Sinfonie beispiellosen Erfolg in Finnland und führte schließlich zum großen Durchbruch in Deutschland, der von skandinavischen Komponisten dieser Epoche so herbeigefleht wurde (was z.B. einer davon, Nielsen, nie erreichte). Die zweite Sinfonie bewahrte eine außerordentliche Beliebtheit für ihre einzigartige Tonsprache, die dunklen Farben der Bläser, das gedeckte Arrangement der Streicher, einfache volkstümliche Melodien und einem entschieden "nationalen" Geschmack, den im Kern alle Sibelius-Sinfonien tragen.

Während die Stimmung zu Beginn noch pastoral ist, führt sie zu einer Atmosphäre der Instabilität, in der kleine, kurze Phrasen rein zufällig zu entstehen und dann allmählich zu verstummen scheinen. Es gibt dennoch eine subtile Geschlossenheit im Werk, die seine scheinbar gestaltlose Eigenschaft kontert. Das gesamte Material des ersten Satzes entspringt aus entweder den beiden Themen mit repetierten Noten, die zu Beginn in den Streichern und Holzbläsern gehört werden oder aus einer grüblerischen Phrase, die zuerst in Holz- und Blechbläsern präsentiert wird.

Anders als der erste Satz, in dem die Sanftheit der Einführung zum Abschluss noch einmal aufschnappt wird, ist der zweite Satz voller Turbulenzen und endet ohne Trost. Zwei rivalisierende Themen scheinen gegeneinander zu ringen: zunächst baut sich eine Klagelied-ähnliche Fagottmelodie in d-Moll, die als "schwermütig" bezeichnet wurde, zu einer gewaltigen Kulmination in Holz- und Blechbläsern auf; danach wird ein himmlisches, nachdenkliches Thema in der Tonart Fis-Dur von geteilten Streichern gespielt. Das energiegeladene Scherzo mit seinen Maschinengewehr-ähnlichen Phrasen in den Streichern, wird aus einem Fragment von größtmöglicher Simplizität aufgebaut: einem wiederholten B, dem eine Umspielung um diese Note folgt.

Dem Präzedenzfall von Beethovens Fünfter folgend ist das Scherzo direkt mit dem Finale verknüpft durch eine große, phrasenhafte Brückenpassage. Die Sinfonie erreicht schließlich eine fließende D-Dur-Melodie, die auf heroische Weise die Vorbereitung in d-Moll abschüttelt und das im besten Sinne romantischer Tradition. Ebenfalls wie Beethoven bringt Sibelius das Übergangsmaterial ein zweites Mal zurück, so dass der Sieg der Grundtonart erneut ausgekostet werden kann, danach schließt er das Werk mit einem hymnischen Schlusswort ab. Dies gesagt stellt die zweite Sinfonie das Ende von Sibelius' frühromantischer Epoche dar, die seinen Vorgängern noch großen Tribut zollte. In nachfolgenden Werken beruhte sein Interesse mehr in der Verarbeitung neuer formaler Methoden, die auf Fragmentierung und Rekombination beruhen.

(c) Brian Wise

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