SCHUBERT: Streichquartett Nr. 14 d-Moll "Der Tod und das Mädchen"

Franz Schubert
Lebensdaten: 31. Januar 1797 Wien (Österreich) - 19. November 1828 Wien (Österreich)
Werk: Streichquartett Nr. 14 d-Moll, D 810 "Der Tod und das Mädchen"
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1824
Besetzung: Streichquartett
Aufführungsdauer: ca. 40 Minuten
Sätze:

  1. Allegro
  2. Andante con moto
  3. Scherzo. Allegro molto - Trio
  4. Presto

So morbide das heutzutage auch erscheinen mag war die Beschäftigung mit dem Tod im 19. Jahrhundert ziemlich angesagt. Die romantische Bewegung in der Musik, Schauspiel, Kunst und Literatur nahm die Idee des Todes als jenseitig und erfüllend anstatt furchteinflößend an. Die medizinische Forschung steckte noch in den Kinderschuhen und die einzig wirkliche Linderung für viele Krankheiten war das Ende des Lebens. Der Tod war sanft. Der Tod war friedlich. Der Tod war ein Ende für Leid.

In diesem Licht war Franz Schuberts eigene Faszination vom Tod weder unüblich noch unerklärlich. Im März 1824 schrieb er nach dem fast zweijährigen Erleiden von Syphilis-Symptomen: "Jede Nacht, wenn ich zu Bett gehe, hoffe ich nicht wieder aufzuwachen und jeder Morgen dient nur als Erinnerung an das Elend des vorherigen Tages."

Da der immer noch junge Komponist noch nicht das Zeitliche segnen musste, entwickelte er weiterhin seinen musikalischen Genius und stellte im gleichen Monat die ursprüngliche Fassung des Streichquartetts in d-Moll "Der Tod und das Mädchen" fertig. Auf dem Anfangsthema seines gleichnamigen Liedes (1817) beruhend, illustriert dieses Quartett eindeutig Schuberts Sympathie, sogar Sehnsucht nach dem Tod. Indem er ihm die Musik des Liedes zuordnet, erfüllt Schubert das Quartett auch mit den Gefühlen des originalen Texts, in dem der Tod ein verängstigtes Mädchen darauf drängt ihm zu vertrauen: er möchte ihr nichts Böses und sie würde in seinen Armen tief und fest schlafen.

Dieses Werk ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. Es wird als eines von Schuberts besten Kammerwerken angesehen und nahm schon immer einen wichtigen Platz im Repertoire für Streichquartette ein. Sein unumwunden programmatischer Inhalt verknüpft es mit Werken des späten 19. Jahrhunderts, in denen sich strukturelle Überlegungen außermusikalischen und dramatischen Einflüssen unterwarfen. Und letztendlich ist das Quartett eine eindrucksvolle Erinnerung an jene, die Schubert gerne in die Schublade eines Miniaturisten oder "Liedkomponisten" stecken: neben der "Unvollendeten"-Sinfonie und der Wandererfantasie bleibt sie ein Zeugnis seines Gespürs für groß angelegte Organisation und der unerfüllten Verheißung als Resultat seines frühen Todes.

Das Werk beginnt aggressiv mit lautstarken Phrasen, die sowohl die thematische, wie auch die rhythmische Struktur des ersten Satzes etablieren. Schubert nutzt hier eines seiner typischen, rhythmischen Mittel, eine Viertelnote, der Achteln in Triolen folgen. Das zweite Thema ist herzig lyrisch, freudvoll und optimistisch, voller Leben und Energie. Der Satz endet atemlos, aber anmutig.

Der zweite Satz, ein vierzehnminütiges Andante con moto, führt in das "Todesthema" ein, das mit der anfänglichen Klaviereinführung von "Der Tod und das Mädchen" korrespondiert. Es folgen fünf Variationen des Themas, von denen sich alle nur geringfügig vom Original unterscheiden, als ob der Tod hartnäckig sei - nicht etwa schwankend oder sich beirren lassend.

Mit weniger als vier Minuten ist das Scherzo des dritten Satzes abrupt und verwirrend, als ob seine einzige Funktion wäre als Prolog für das treibende, fast dämonische Finale zu dienen. Es ist rhythmisch herausfordernd und enthält unerwartete Akzente und Kadenzen.

Im finalen Satz wendet Schubert seinen üblichen Schwung und Antrieb an, um einen unaufhaltsamen Rausch zunächst zu beginnen und dann aufzubauen. Die Phrase einer punktierten Achtelnote, der eine Sechzehntel folgt wird durchweg als treibende Kraft verwendet, obwohl sie immer wieder unterbrochen wird. Der Tod ist unnachgiebig und der Satz wirbelt einem massiven, aber abrupten Abschluss entgegen.

(c) Rovi Staff

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