DEBUSSY: Préludes, L 117

Claude Debussy
Lebensdaten: 22. August 1862 St. Germain-en-Laye (Frankreich) - 26. März 1918 Paris (Frankreich)
Werk: Préludes, L 117
Epoche: Moderne
Entstehungszeit: 1907-10
Besetzung: Klavier solo
Aufführungsdauer: ca. 39 Minuten
Teile:

  1. Danseuses de Delphes. Lent et grave
  2. Voiles. Modéré
  3. Le vent dans la plaine. Animé
  4. Les sons et les parfums tournent dans l'air du soir. Modéré
  5. Les collines d'Anacapri. Très modéré
  6. Des pas sur la neige. Triste et lente
  7. Ce qu'a vu le vent d'ouest. Animé et tumultueux
  8. La fille aux cheveux de lin. Très calme et doucement expressif
  9. La sérénade interrompue. Modérément animé
  10. La cathedrale engloutie. Profondément calme
  11. La danse de Puck. Capricieux et légere
  12. Minstrels. Modéré

Jedes von Debussys Préludes (Buch I entstand 1907-10) ist ein kurzes, aber substanzielles Werk, das eine bestimme Stimmung oder Impression ergründet, die sein Titel nahelegt. Wie der Musikwissenschaftler Rollo Myers bemerkt "[ist] das bildhafte Element [nicht] übermäßig ausgereizt, wenn es überhaupt ausgereizt ist; diese Préludes sind reine Musik." In Übereinstimmung mit der Gewohnheit des Komponisten einen Titel erst nach Fertigstellung eines Werks zu verleihen werden die Titel der Préludes am Ende eines jeden angebracht und nicht etwa am Kopf. Die Préludes stellen den Gipfel von Debussys Kunst für Klavier dar; jedes kann für sich berechtigterweise als kleines Meisterwerk betrachtet werden.

1. Danseuses de Delphes (Delfische Tänzerinnen): dies ist eine langsame, hypnotische, statische Sarabande, die mehrere Schichten an parallelen Akkorden in unüblichen fünftaktigen Gruppierungen verwendet.

2. Voiles (Segel): Ganztonskalen und pentatonische Harmonien liefern die musikalische Substanz dieses mysteriösen und evokativen Tongedichts. Der Geist und Charakter dieses Werks ruft "Jeux de vagues" (Spiel der Wellen) in Erinnerung, den zweiten Satz von La mer (1903-05).

3. Le vent dans la plaine (Wind auf der Ebene): schnelle Phrasierung stellt den wirbelnden Wind dar, zweifach unterbrochen von plötzlichen Akkordausbrüchen. Ein Großteil der Wirkung des Werks stammt aus der extremen und effektiven Sparsamkeit seines Materials.

4. Les sons et les parfums tournent dans l'air du soir (Klänge und Düfte vermischen sich in der Abendluft): der Titel dieses Préludes wurde Baudelaires Blumen des Bösen entnommen, der Inspiration für diese langsame, Walzer-ähnliche Nocturne. Das Werk nutzt aktiv drei Themen, alle in der gleichen Tonart und erfordert die allergrößte Sensibilität und Vorstellungskraft vom Pianisten.

5. Les collines d'Anacapri (Die Hügel von Anacapri): dies ist ein lebhaftes Scherzo im Rhythmus einer Tarantella mit einem langsameren Mittelteil, der ein italienisches Volkslied imitiert. Das Klavier ist besonders farbenfroh und brillant effektiv geschrieben.

6. Des pas sur la neige (Fußabdrücke im Schnee): Debussy schildert eine karge Winterlandschaft mit einem schwermütigen, harmonisch statischen Klagelied. Das langsame, gedämpfte Legato unterstreicht die wirksam hypnotische Atmosphäre.

7. Ce qu'a vu le vent d'ouest (Was der Westwind gesehen hat): schnelle, mitreißende Arpeggi, schnelle, abwechselnde Akkordpassagen und donnernde Tremoli charakterisieren dieses brillante, virtuose Meisterstück. Es ist praktisch eine Etüde, erbittert aggressiv und das gesamte Können des Pianisten heraufbeschwörend.

8. La fille aux cheveux de lin (Das Mädchen mit flachsblondem Haar): der Titel hiervon, einer der bekanntesten der Préludes, stammt aus Leconte de Lisles "Schottischem Lied". Debussys Nutzen von Modalität verleiht diesem anmutigen, delikaten Werk eine archaische Aura.

9. La sérénade interrompue (Die unterbrochene Serenade): ein Spanier, der sein Liebchen mit dem Klang seiner Stimme und seiner Gitarre umwirbt wird unterbrochen von verschiedenen lärmenden Einwürfen. Debussy bildet effektiv einen spanisch beeinflussten Gitarrenkling auf dem Klavier nach und behandelt die Unterbrechungen mit trockenem Humor.

10. La cathédral engloutie (Die versunkene Kathedrale): Debussy führt eine beeindruckende musikalische Bebilderung der mythischen untergetauchten Kathedrale von Ys durch in "veraltetem Stil" wie Modalität und parallelen Harmonien. Die rhythmische Statik des Werks, komibiniert mit seinen massiven Klängen erschafft ein überwältigendes Gefühl von Ehrfurcht und Erhabenheit.

11. La danse de Puck (Der Tanz von Puck): Shakespeares Puck wird hier als ein geistreicher und launischer Elfe dargestellt. Helle, schnelle Phrasierungen und plötzliche Wechsel von Tonhöhe und Dynamik erfordern ein außergewöhliches Maß an Kontrolle des Pianisten.

12. Minstrels (Spielmänner): Das letzte der Préludes aus Buch I ist eine sardonische Parodie der Musik, die man in Musikhallen zum Jahrhundertwechsel gehört hatte. Forsche Rhythmen und "beliebte" Harmonien, punktiert von scharfer Dissonanz, lassen Elemente in der Musik von Strawinski und Poulenc vorausahnen.

(c) Steven Coburn

Kaufempfehlung:
Noriko Ogawa (Klavier)
Label: BIS, DDD, 2002
YouTube:
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