TSCHAIKOWSKI: Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll

Pjotr Tschaikowski
Lebensdaten: 7. Mai 1840 Wotkinsk (Russland) - 6. November 1893 St. Petersburg (Russland)
Werk: Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll, op. 23
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1874
Besetzung: Klavier und Orchester
Uraufführung: 15. Oktober 1875 in Boston (Massachusetts)
Aufführungsdauer: ca. 35 Minuten
Sätze:
  1. Allegro non troppo e molto maestoso - Allegro con spirito
  2. Andantino semplice - Prestissimo
  3. Allegro con fuoco
Obwohl Tschaikowski bereits ein versierter Komponist war (er hatte bereits seine ersten beiden Sinfonien, ein Streichquartett und zwei bedeutende sinfonische Dichtungen produziert, die alle erfolgreiche und anhaltend beliebte Werke waren) suchte er immer noch nach der Anerkennung von Mentoren wie Balakirew und Nikolai Rubinstein. Am Weihnachtsabend 1874 spielte er das Konzert für Rubinstein (der der vorgesehen Solist war) in einem leeren Schulzimmer. Rubinstein reagierte mit einer Lawine an Verachtung, die durch Tschaikowskis eigene Aufzeichnungen berühmt wurde. Tschaikowski zog verzweifelt von dannen. Später rief ihn Rubinstein aber noch einmal an und legte eine Liste an Veränderungen vor, die Tschaikowski bis zu einem gewissen Zeitpunkt vornehmen müsse, damit Rubinstein es einmal spielen sollte. Tschaikowski schrieb, dass er antwortete "ich werde nicht eine einzige Note ändern und ich werde das Konzert so veröffentlichen wie es gerade ist." In seiner Erinnerung fuhr er fort: "und dies habe ich tatsächlich getan." Naja, nicht ganz. Obwohl es wirklich keine beträchtlichen Veränderungen gibt, nahm er am Konzert einige kleine Überarbeitungen vor, bevor es gedruckt wurde, wie das mit den meisten Kompositionen geschieht. Die Premiere wurde Hans von Bülow überlassen, der es am 15. Oktober 1875 in Boston uraufführte. Das Publikum war verzückt und verlangte eine Wiederholung des gesamten Finalsatzes. Bülow brachte das Konzert nach Europa zurück, wo es schnell zum Repertoire anderer führender Pianisten hinzugefügt wurde; selbst Rubinstein begann es 1878 zu spielen. Es war ein überwältigender Erfolg und ist im Grunde seither der Inbegriff des romantischen Klavierkonzerts.

Die Form des Konzerts ist ungleichgewichtig: durch das Beinhalten einer bemerkenswert umfangreichen Einführung überdauern die weiten Melodien des ersten Satzes fast 25 Minuten, mehr als die Länge der beiden anderen Sätze zusammen. Sein fesselnder Horn-Ruf zu Beginn mit kräftigen Orchesterakkorden, die ihn unterbrechen, führt unmittelbar in eine der bekanntesten und beliebtesten aller klassischen Melodien, gespielt von Streichern mit fülliger harmonischer Unterstützung vom Soloklavier. Tschaikowski löst eine große formale Überraschung aus, indem er geradewegs in eine voll ausgeprägte Kadenz für Soloklavier geht, eine mächtige Bearbeitung des Themas. Die Streicher bekräftigen dann die Melodie wieder in ihrer ursprünglichen Form - und all dies ist nur die Einführung zum wirklichen ersten Satz. Sicherlich eine langwierige Einführung (106 Takte), aber wenn sie einmal endet war das das letzte Mal, dass diese Musik auf irgendeine Art im Konzert verwendet wurde. Der eigentliche Satz ist eine Ausarbeitung zweier Themen in voll angelegter Sonatenhauptsatzform in Allegro, eines ist ein angeblich eine ukrainische Volksweise, das andere ein ruhiges romantisches Thema. Es gibt großes Drama und Leidenschaft in deren Ausarbeitung; wenn alles vorüber ist stellt man fest, dass es auch ein Mindestmaß (für Tschaikowskis Verhältnisse) von Angst und Pathos gibt. 

Der zweite Satz ist zart, er beginnt mit so ruhigen Pizzicato-Akkorden, die beinahe flüstern. Eine Melodie in der Flöte von junger, jugendlicher Sanftheit ist das Hauptthema des Satzes. Es gibt einen Mittelteil mit einem zierlichen Walzer.

Das Finale beginnt mit einer sausenden Streicherphrase und einem mächtigen Trommelschlag. Das Hauptthema ist ein fesselnder, galoppierender Tanz, der aus vielen kurzen Phrasen aufgebaut ist. Ein weiteres romantisches Thema liefert einen Kontrast dazu.

(c) Joseph Stevenson

Kaufempfehlung:
Swjatoslaw Richter (Klavier), Wiener Symphoniker, Dir. Herbert von Karajan
Label: DGG, 1961
YouTube:
Martha Argerich (Klavier), Orchestre de la Suisse Romandie, Dir. Charles Dutoit

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