LISZT: Klaviersonate h-Moll

Franz Liszt
Lebensdaten: 22. Oktober 1811 Raiding (Königreich Ungarn) - 31. Juli 1886 Bayreuth (Bayern)
Werk: Klaviersonate h-Moll, S 178
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1851-53
Besetzung: Klavier solo
Aufführungsdauer: ca. 31 Minuten

Es gibt nur drei Werke in Liszts umfangreichem Œuvre, denen man berechtigterweise eine Art Sonatenhauptsatzform zurechnen kann: die Faust-Sinfonie, die Dante-Sinfonie und die Sonate in h-Moll für Klavier. Man wird sogleich sehen, dass dies das einzige Werk ist, dass er in vollständiger Sonatenhauptsatzform geschrieben hat.

Er machte sich die Form jedoch zu eigen in diesem innovativen und einzigartigen Werk in einem Satz. Wagner beschrieb das Werk als wunderbar "über alle Vorstellung hinaus" und "grandios". Was Liszt darin liefert betrachten viele Kritiker als bestes Beispiel der musikalischen Technik der beständigen "thematischen Verwandlung", die eine tiefgreifende Wirkung auf die Zukunft der Musik haben sollte - vor allem als sie von Wagner aufgegriffen wurde und als grundlegende musikalische Methode benutzt wurde, mit deren Hilfe er all seine späteren Oper konstruierte, vor allem die große Tetralogie des Rings der Nibelungen.

Diese einsätzige Sonate liefert den Eindruck einer freien, ungezügelten Fantasie, praktisch eine Improvisation. In Wirklichkeit ist das gesamte Werk aber dicht konstruiert aus der Musik der Einführung der Sonate. Aus dieser Einführung entwickelt er zunächst drei fesselnde und mächtige Themen, danach einen Abschnitt, der wie ein religiöser Choral klingt. Der abschließende Hauptteil erfordert nicht nur das Allerhöchste an Klaviertechnik, um mit seinem Prestissimo-Tempo standzuhalten, sondern verwendet auch Elemente all der Themen, die seit dem Beginn ausgesponnen wurden. Schließlich kehrt Liszt in einem eloquenten, abschließenden Andante zu den frühesten Versionen des hauptsächlichen musikalischen Materials zurück und weicht in die Stille zurück. So voll an romantischem Feuer und Spontaneität, wie die Sonata sein mag, passt sie auch, je nachdem wie man sie hört, in die Struktur eines einzelnen Allegro-Satzes in Sonatenhauptsatzform (mit Exposition, Durchführung, Reprise und Coda) oder die viersätzige Struktur einer traditionellen Sonate (Anfangssatz, langsamer Satz, Scherzo und Finale). Dadurch bleibt das Werk ein ewig währendes Meisterwerk selbst in der Einschätzung jener Hörer, die Liszts Musik eher als schwülstig einschätzen. In der Sonate h-Moll verknüpfte sich Liszt, der große Radikale, auf überzeugende Weise mit der Tradition der Sonate.

Die Sonate stammt aus dem Jahr 1854, nur kurz nachdem die Fürstin Carolyne zu Sayn-Wittgenstein, die Lebensgefährtin des Komponisten, Liszt davon überzeugt hatte nicht mehr als Pianist auf Tournée zu gehen und sich auf die Komposition zu konzentrieren. Der Pianist und Musikwissenschaftler Alfred Brendel und andere behaupteten über Jahre die Sonate sei mit der Faust-Legende verwandt. Obwohl eine solche Interpretation tatsächlich zur Struktur und dem emotionalen Geist des Werks passen würde, muss man ihr mit einem Maß Skepsis begegnen. Einige Musikwissenschaftler argumentierten auch, dass das Stück autobiographisch sei und stellten heraus, dass eine solche Sichtweise eine faustsche Interpretation nicht ausschließen würde.

(c) Rovi Staff

Kaufempfehlung:
Alfred Brendel (Klavier)
Label: Philips, DDD, 1991
YouTube:
Yundi Li (Klavier)
aus dem Festspielhaus in Baden-Baden

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen