BERLIOZ: Symphonie fantastique

Hector Berlioz
Lebensdaten: 11. Dezember 1803 La Côte-Saint-André (Frankreich) - 8. März 1869 Paris (Frankreich)
Werk: Symphonie fantastique, op. 14a
Epoche: Romantik
Besetzung: Orchester
Entstehungszeit: April 1830
Uraufführung: 5. Dezember 1830 in Paris (Frankreich)
Aufführungsdauer: ca. 52 Minuten
Sätze:

  1. Rêveries - Passions. Largo - Allegro agitato e appassionato assai - Religiosamente
  2. Un bal: Valse. Allegro non troppo
  3. Scène aux champs. Adagio
  4. Marche au supplice. Allegro non troppo
  5. Songe d'une nuit du Sabbat. Larghetto - Allegro - Ronde du sabbat. Poco meno mosso

Berlioz komponierte dieses Werk 1830 und dirigierte am 5. Dezember desselben Jahres in Paris die Uraufführung. Er überarbeitete es 1832 und fügte der Instrumentierung 1845 zwei Kornette hinzu.

Der Komponist Berlioz war ein voll entfalteter Romantiker, dessen "Liebe auf den ersten Blick" zu einem hübschen, jungen, britischen Mädchen namens Harriet Smithson seine Symphonie fantastique beeinflusste. Miss Smithson kam nach Paris um Shakespeare zu spielen, Berlioz' Held (zusammen mit Vergil, Goethe, Gluck, Beethoven, Lord Byron und Victor Hugo). Harriet war "die Geliebte" seines "Programme fantastique". "Ein junger Musiker von krankhafter Empfindsamkeit... in einem Anfalle verliebter Verzweiflung" versucht Selbstmord zu begehen, aber nimmt gerade genug Laudanum, um Halluzinationen zu bewirken, in denen seine Geliebte als wiederkehrende Melodie mit unterschiedlichen Persönlichkeiten auftritt, zuletzt als Bacchantin bei einem satanischen Ritual. Trotz des entsetzlichen Szenarios ist Berlioz' fünfsätzige Struktur mehr an Beethovens "Pastorale" angelehnt, als das damals jemand bemerkt hat oder eigentlich auch seither. Wo Beethoven einen Sturm aufpeitschte, schuf Berlioz eine Pöbelszene, die mit dem Tod des Protagonisten endet: sein enthaupteter Kopf springt in einen herumliegenden Korb, vermittelt durch ein Pizzicato. Im Finale ging Berlioz weit über Beethovens lustige Landleute hinaus; er schuf einen Hexensabbat, was in der Musikgeschichte bis 1830 unerhört war. Neben der Befreiung orchestraler Klangfarben stürzte er auch die Tyrannei von Taktstrichen, Akzenten auf der Eins und akademischen Dogmen.

"Träumereien, Leidenschaften" beginnt mit der Verzweiflung des Helden, eine Largo-Einführung in c-Moll, die zum Hauptteil des Satzes in C-Dur (und später G-Dur) führt, ausgewiesen als Agitato ed appassionato assai. Die charakteristische Melodie der Geliebten ist das Hauptthema einer Sonatenstruktur mit wiederholter Exposition; sie kehrt in der Durchführung, in der Reprise und in einer großen Coda von bemerkenswerter Länge und kontrapunktischem Eklat zurück.

"Ein Ball" (Allegro non troppo, A-Dur) ist der Walzer ohne Trio, obwohl ein gegenüber gestellter Abschnitt in F-Dur Flöte und Oboe in unisono das Thema der Geliebten spielen lässt.

"Szene auf dem Lande" ist ein Adagio, das mit einem antiphonischen Duett von Oboe und Englischhorn beginnt und endet. Gegen Ende eines freiförmigen Mittelteils tritt die Geliebte auf. Vier Paukisten spielen sehr behutsam - ein Markenzeichen von Berlioz - und imitieren damit einen entfernten Sturm, bevor die zwei Schafhirten ihre Herde nach Hause führen.

Der in g-Moll stehende "Gang zum Richtplatz" stellt in Allegretto non troppo eine Szene aus der Revolution nach mit einer Wiederholung, die in Aufführungen im 20. und 21. Jahrhundert meist ignoriert wird. Der Protagonist träumt er sei verurteilt worden seine Geliebte getötet zu haben, welche kurz als Klarinette auftritt und er würde guillotiniert, als die Menschenmenge ihr Einverständnis gibt.

"Hexensabbat" enthält eine vierteilige Struktur nach einer gespenstischen Einführung in Es-Dur. Die Melodie der Geliebten ist das Hauptthema von Teil 1, nun allerdings verzerrt und von Klarinetten verroht. Entfernte Glocken führen in Teil 2 ein, in dem Fagotte und Tuba das gregorianische Dies irae spielen. Teil 3 ist der Hexentanz, eine Fuge, die Berlioz einen Reigen nannte. Teil 4 kombiniert das Dies irae und den Hexentanz bis letzterer auf elektrisierende Art triumphiert.

(c) Roger Dettmer

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