Paul Hindemith |
Lebensdaten: 16. November 1895 Hanau (Preußen) - 28. Dezember 1963 Frankfurt/Main
Werk: Mathis der Maler
Epoche: Moderne
Entstehungszeit: 1933/34
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 26 Minuten
Sätze:
- Engelkonzert
- Grablegung
- Versuchung des heiligen Antonius
Die neoklassizistischen (oder vielleicht besser gesagt neobarocken) Belange in Hindemiths aufsehenerregenden Instrumentalwerken der 1920er verbanden sich mit dem, das Hindemith später als wachsende Aufmerksamkeit für "die ethischen Gebote der Musik und die moralischen Verpflichtungen der Musikers" in seiner Oper Mathis der Maler bezeichnete. Hindemith ergründete den Konflikt, dem ein Künstler in turbulenten Zeiten gegenübersteht: die Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen, in der man lebt oder nur den künstlerischen Idealen treu zu bleiben, die er verficht. Mit der Geschichte des deutschen Renaissancemalers Matthias Grünewald konnte Hindemith seine eigene Situation kommentieren. Seine Haltung blieb den Nazis nicht unentdeckt und die Sinfonie, welche er der Oper entnahm, wurde nur auf Drängen des Dirigenten Wilhelm Furtwängler hin 1934 in Berlin uraufgeführt. Die Oper selbst wurde erst 1938 in Zürich zum ersten Mal gehört, nachdem Hindemith Deutschland verlassen hatte.
Hindemiths Inspiration für die Oper kam teilweise durch Grünewalds Meisterwerk, dem Isenheimer Altar, einem getäfelten Triptychon, dessen Struktur in der dreisätzigen Sinfonie gespiegelt wird. Der erste Satz, "Engelkonzert", dient als Ouvertüre der Oper und wurde hier vollständig übernommen. Nach ruhigen, breit angelegten Akkorden in den Streichern führen die Hörner ein auf dem deutschen Volkslied "Es sungen drei Engel" basierendes Thema ein, welches eine füllig orchestrierte, strahlende Klimax erreicht. Ein schnelleres Thema wird von Soloflöte und Streichern eingeführt und einer lebhaften, kontrapunktischen Verarbeitung mit einfallsreicher und hochgradig bunter Orchestrierung unterzogen, eine neue, neoromantische Klangwelt für Hindemith. Der Höhepunkt des Satzes stellt sich in zwei Teilen dar: das Volkslied kehrt in den Hörnern zurück, dann in voller Montur in den Blechbläsern; nach einem Moment an ruhigen Fugatostreichern versammelt sich das Orchester für die finalen, unverfrorenen (und unverfroren triolischen) Akkorden, während die Streicher läuten und Glocken und Triangel schimmern.
Der zweite Satz trägt den Titel "Grablegung" und stellt in der Oper ein kurzes Intermezzo dar, in dem Mathis' Trauer über den Tod seiner Tochter zum Ausdruck gebracht wird. In diesem spärlichen Klagelied überwiegen auf Quarten und Quinten basierende Harmonien, Intervalle, die der Komponist oft zum Ausdruck von Ernst verwendete. Flöte und Oboe verflechten sich über Pizzicatostreichern in einer zarten Klage; es gibt einen kurzen Aufschrei der Trauer, dann eine Rückkehr zur Besinnlichkeit des Anfangs, wo die Flöte eine Geste des Trostes anbietet.
Die Musik des ausführlichen Finales wurde der Szene der Oper entnommen, in der die Versuchung des Heiligen Antonius (eine der Szenen des Isenheimer Altars) mit den Versuchungen und Hindernissen Mathis' verglichen wird. Ein chromatisches Rezitativ für unisono spielende, tiefe Streicher bildet die thematische Grundlage der folgenden drei Episoden, beginnend mit einem schnellen Abschnitt in galloppierendem Rhythmus, der unnachgiebige Verfolgung und hoffnungslosen Kampf nahelegt. Ein beunruhigender, hoher Triller in den Violinen führt in den nächsten Abschnitt über, eine sinnliche Melodie für Bratschen und Celli, die die fleischlichen Freuden darstellen, welche St. Antonius (vergeblich) angeboten wurden. Die Unruhe des ersten Abschnitts kehrt zurück und erreicht eine Kadenz, an deren Punkt die Streicher die kontrapunktisch komplexe Auflösung beginnen, welche auf der gregorianischen Hymne "Lauda Sion salvatorem" beruht. Läutende "Hallelujas" in den Blechbläsern führen die Sinfonie zum Ende.
(c) Paul Hindemith, Mark Satola
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Gustav Mahler Jugendorchester, Dir. Herbert Blomstedt
2010 bei den London Proms
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