Anton Bruckner |
Werk: Sinfonie Nr. 9 d-Moll, WAB 109
Epoche: Romantik/Postromantik
Entstehungszeit: 1887-96
Uraufführung: 11. Februar 1903 in Wien
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde, 1 Minute
Sätze:
- Feierlich, misterioso
- Scherzo. Bewegt, lebhaft - Trio. Schnell
- Adagio. Langsam, feierlich
Während Bruckner mit seiner neunten und letzten Sinfonie voranschritt bat er Gott täglich um die Kraft sie zu vollenden, indem er sprach: "wenn er die Feder aus meiner Hand nimmt, so ist es seine Verantwortung." Zwichen 1889 und 1896 arbeitete der Komponist hartnäckig an der Neunten. Aber am 11. Oktober 1896 kam Bruckner nach einem Morgenspaziergang nach Hause und verstarb friedlich. Dabei hinterließ er die vermutlich bedeutsamste unvollendete Sinfonie seit Schubert.
Die Neunte wird oft als die wichtigste musikalische Verbindung zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert genannt, indem sie die Innovationen von Wagners Tristan noch einen Schritt weiter bringt. Die pochenden Rhythmen des Scherzo scheinen auf Strawinsky und Bartók vorauszublicken, während die großen Intervallsprünge und beißenden Dissonanzen auf die Zweite Wiener Schule voraussehen. Obwohl mit einem dreisätzigen Grundriss das Standardformat für Bruckners letztes sinfonisches Werk gewählt wurde, zeigen die letzten Skizzen (die zusammen mit ein paar "vervollständigten" Versionen des Finales aufgenommen wurden), dass Bruckner musikalischer Geist trotz nachlassender Gesundheit und gelegentlichen geistigen Ruhepausen bis zum Schluss lebensstrotzend und kreativ blieb. Der enorme vierte Satz hätte sogar den der Achten an Ausmaß übertroffen und nutzte eine Fuge, sowie Zitate aus dem Te Deum. Dennoch liegt auch etwas Befriedigendes und Erhabenes darin mit dem Adagio zu enden.
Das feierliche Summen, gegen das die Sinfonie beginnt, legt den Nährboden für einen außerweltlichen Konflikt, entwickelt sich zu einem Wirbelwind und bricht in das zerschmetternde Hauptthema aus. Dem folgt ein charakteristischer, hymnischer Abschnitt und ein rastloses, beinahe rockendes drittes Thema; in der Durchführung entsteht ein sich drehendes 6/8-Thema, welches später als treibende Kraft benutzt wird, gegen die sich die apokalyptische Coda auslebt und in einer bedrohlichen leeren Quinte endet. Kein Anzeichen eines Bauerntanzes oder irdischen Bildes bleibt im pochenden, dämonischen Scherzo über, welches an zweiter Stelle folgt; obwohl es mit elfenhafter Leichtigkeit beginnt, entwickelt sich selbst das Trio zu einer mysteriösen, knisternden Traumlandschaft aus vagen und beunruhigenden Bildern. Das folgende Adagio wird als Abschiedsrede zum Leben des Komponisten gedeutet. Der gequälte Sprung einer None kündigt eine sich langsam entfaltende Vision an, welche Tristan-ähnlich in eine Klimax an spiritueller Ekstase explodiert. Dem folgt ein wunderschönes, herbstliches Liedthema, das durch einen nostalgischen Rückblick auf die Freuden des Lebens zu strahlen scheint; dann tritt ein nüchternes, Marsch-ähnliches Thema auf, welches aus dem Beginn der Sinfonie abgeleitet wurde. Gegen eine stotternde Phrase aus Sechzehntelnoten gestellt, erhält das herbstliche Thema einen letzten Auftritt. Ihm gesellt sich nach und nach das noble hymnische Thema zu, das sich sukzessive mit Dissonanzen verbittert, während es in seiner versuchten Inbrunst sogar noch intensiver wird; dies baut sich bis zur berühmten Septdissonanz auf, beißend und erschütternd und wird gefolgt von einer noch erschütternderen Stille, als ob man ins Nichts starre. Doch dann verschiebt ein Motiv aus dem Beginn des Satzes die Musik heimlich zu einer letzten, heiteren Ebene. In der Coda zitiert Bruckner gekonnt aus seinen siebten und achten Sinfonien und verabschiedet sich so eloquent und bewegend aus der Welt.
(c) Anton Bruckner, Wayne Reisig
Kaufempfehlung:
Radio-Sinfonieorchester Saarbrücken, Dir. Stanisław Skrowaczewski Label: Oehms, DDD, 2000 |
YouTube:
Wiener Philharmoniker, Dir. Leonard Bernstein
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen