MOZART: Sinfonie Nr. 40 g-Moll

Wolfgang Amadeus Mozart
Lebensdaten: 27. Januar 1756 Salzburg - 5. Dezember 1791 Wien (Österreich)
Werk: Sinfonie Nr. 40 g-Moll, KV 550
Epoche: Klassik
Besetzung: Orchester
Entstehungszeit: 1788
Aufführungsdauer: ca. 28 Minuten
Sätze:

  1. Molto allegro
  2. Andante
  3. Menuetto & Trio. Allegretto
  4. Allegro assai

Mozart komponierte seine letzten drei Sinfonien während des Sommers 1788. Die Wesensähnlichkeit des Materials aus dem thematischen Katalog legt nahe, dass alle im Zeitraum von rund zwei Monaten geschrieben wurden. Viele Kritiker haben sich in Diskussionen der Frage nach den Gründen für ihre Komposition gewidmet, da es so schien, als ob Mozart keinen speziellen Anlass für ihre Aufführung im Kopf hatte. Der romantische Gedanke, dass er sie ohne praktischen Nutzen schrieb wird aber heutzutage weitestgehend abgewiesen, dass es schlicht nicht zu der Art von Mozarts bekannter Prozedur einer Komposition passt und der Wissenschaftler H.C. Robbins Landon brachte erst weitere, überzeugende Argumente hervor, indem er nahelegte, dass sie tatsächlich für eine Reihe an Konzerten geschrieben worden seien, die Mozart im Herbst oder in der Adventszeit 1788 gab. Robbins Landons Argument basiert größtenteils auf einem undatierten Brief, den Mozart an seinen hauptsächlichen Gönner schrieb, seinen Freimaurer-Bruder Michael Puchberg. In diesem Brief nimmt er zu seinenen Konzert Bezug, die "nächste Woche" begonnen werden haben, Konzerte, von denen Wissenschaftler überzeugt sind, dass sie nie stattgefunden haben. Beweise unterstützen auch die Idee (vorgebracht von Neal Zaslaw), dass Mozart die drei Sinfonien mit auf die Reise nahm, die er im nächsten Jahr nach Deutschland unternahm, was die lang geglaubte Vorstellung weiter schwächt, dass der Komponist drei der großartigsten Werke des sinfonischen Kanons nie in einer Aufführung zu hören bekommen hätte.

Ein Aspekt der Sinfonien über den sich alle Kommentatoren allgemein einig sind ist ihre außergewöhnliche charakterliche Vielseitigkeit; jede hat einzigartige Qualitäten, die alle zusammen deutlich den Mythos entlarven, dass die extreme Unruhe und das Pathos der Sinfonie g-Moll die elenden Umstände widerspiegeln würden, in denen sich Mozart zu dieser Zeit befand. Die bettelnden Briefe an Puchberg während dieser Monate sind tatsächlich bemitleidenswerte Dokumente, die man als Beweis für Mozarts Gefühlslage zu der Zeit, als er die g-Moll-Sinfonie komponierte heranziehen kann. Sie erklären aber kaum die sanfte Wärme, Stärke und den Humor der Es-Dur-Sinfonie oder die erhabene Herrlichkeit der "Jupiter"-Sinfonie. Darüber hinaus sollte man nicht vergessen, dass die heute so oft mit der Sinfonie assoziierten tragischen Eigenschaften nicht immer jedem offenkundig waren. Für Robert Schumann war die Sinfonie ein Werk von "griechischer Leichtigkeit und Anmut", während es für einen späteren Kommentator, Alfred Einstein, Stellen gibt, die "bis zum Abgrund der Seele eintauchen".

Solche Mehrdeutigkeit passt vielleicht zu einem der großartigsten Werke eines Komponisten, dessen Musik so häufig einer adäquaten Beschreibung trotzt. Die Sinfonie ist in den üblichen vier Sätzen angelegt; das beginnende Molto allegro kündigt unmittelbar etwas Ungewöhnliches an, indem es nicht mit dem charakteristisch lauten "Ruf nach Aufmerksamkeit" beginnt, sondern mit einer leise artikulierten Unruhe. Die unbehagliche Leidenschaft des Hauptthemas führt zu Auflösungen, die eher zu protestieren scheinen anstatt irgendeinen Trost zu spenden. Das vorherrschende Gefühl des Satzes ist Dringlichkeit: es folgen Auftakt nach Auftakt nach Auftakt. Zwischen großer Instabilität und einer kritischen Stimmung erleben wir einen Blick in den Abgrund des Don Giovanni. Im Finale mischen sich die Hörner ein mit wilden Farbklecksen. Nach dem Doppelstrich im Allegro-assai-Teil gibt es sogar einen gespenstigen Einschub über zwölf Töne hinweg.

Es gibt zwei Versionen der g-Moll-Sinfonie. Die erste ist bescheiden orchestriert für Flöte und jeweils einem Paar an Oboen, Hörnern und Streichern, aber irgendwann kurz nach der Komposition fügte Mozart Passagen für zwei Klarinetten hinzu und änderte die für Oboe etwas, um sie anzupassen. Solche Zweitgedanken geben sicherlich auch der Annahme Glaubhaftigkeit, dass Mozart Aufführungen des Werks leitete - er hätte sich wohl kaum mit solchen Verfeinerungen beschäftigt, wenn die Sinfonie nicht für praktische Zwecke genutzt worden wäre.

(c) Brian Robins, H.C. Robbins Landon, Neal Zaslaw, Robert Schumann, Alfred Einstein

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Label: DGG, ADD, 1960-69
YouTube:
The Chamber Orchestra of Europe, Dir. Nikolaus Harnoncourt
im Großen Musiksaal von Wien

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