SIBELIUS: Sinfonie Nr. 5 Es-Dur


Jean Sibelius

Lebensdaten: 8. Dezember 1865 Hämeenlinna (Russland) - 20. September 1957 Järvenpää (Finnland)
Werk: Sinfonie Nr. 5 Es-Dur, op. 82
Epoche: Postromantik/Moderne
Entstehungszeit: 1914/15, rev. 1916, rev. 1919
Uraufführung: 21. Oktober 1921 in Helsinki
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 32 Minuten
Sätze:
  1. Tempo molto moderato - Allegro moderato - Presto
  2. Andante mosso, quasi allegretto
  3. Allegro molto - Un pochettino largamente
Sibelius komponierte zwischen 1915 und 1919 drei Versionen dieses Werks und dirigierte die Premiere der letzten davon am 21. Oktober 1921 in Helsinki. Sie ist zurückhaltend orchestriert: doppelte Holzbläser, Blechbläser ohne Tuba, Pauken und Streicher. Rechtzeitig zu seinem 50. Geburtstag, der in Finnland als Nationalfeiertag begangen wurde, stellte Sibelius eine erste Version seiner Fünften Sinfonie fertig und dirigierte sie, angelegt in vier Sätzen - erstaunlich umfangreicher als die finale Version und vergleichsweise unausgereift. (Wer neugierig ist sie zu vergleichen kann sich eine Aufnahme von 5/I vom BIS-Label anhören). Nur Teile der tiefen Streicher haben eine unmittelbar nach der Uraufführung begonnene Überarbeitung überlebt. Als er immer noch nicht zufrieden war überdachte und überarbeitete sie Sibelius im Laufe von zwei Jahren. Was daraus resultierte (5/III) wurde zur beliebtesten seiner sieben Sinfonien: ein Triumph des strukturellen Einfallsreichtums und eine Bestätigung für nicht-programmatische Musik zu einer Zeit, als Lisztianer jeder Couleur - insbesondere Richard Strauss und Gustav Mahler - "absolute" Kunst dekonstruierten.

Was sich im ersten Satz schließlich entwickelte ist eine Struktur, die mit der doppelten Exposition zweier Themengruppen beginnt, die zweite davon in G-Dur (wo die Streicher auftreten). Sibelius formulierte nicht nur sein grundlegendes Material um; sein Stimmungsbarometer reicht bis zu einer für die Fagotte als "düster" beschriebenen Passage. Durch eine Reihe an Tonarten erreicht er eine lange Durchführung, die sich zu einer Rekapitulation hin aufbaut, woraufhin sich der 12/8-Takt nach einer langsamen Beschleunigung plötzlich in 3/4-Takt, Es-Dur zu B-Dur verwandelt und Allegro moderato zum neuen Grundtempo wird. Was nun folgt wurde von einem separaten Scherzo-Satz der Version von 1915 geborgen - vollständig mit Trio - aber einer, der in die harmonische Wiederaufnahme der ersten beiden Themengruppen übergeht, gefolgt von einer Coda, die sich in ein Presto beschleunigt.

Das Andante mosso, quasi allegretto ist strukturell so simpel wie der erste Satz komplex ist, aber er ist nicht gerade simplifizierend: faktisch gibt es hier verschiedene Variationen über einen Rhythmus - zwei Gruppen von fünf Vierteln, getrennt von einer Viertelpause. Dieses "Thema" wird zunächst von Bratschen und Celli gespielt nach einem Motiv für Klarinetten, Fagotte und Hörner, das als Gegenmelodie zurückkehrt. Sibelius kreiert "sechs Melodien" (nach Michael Steinbergs Auffassung), die oberflächlich mehr oder weniger besinnlich sind, darunter aber mysteriös, kurzzeitig sogar turbulent mit einem transluziden Abschnitt (in acht Teile aufgeteilte Violinen), der reine Genialität erkennen lässt. Ebenfalls unter der Oberfläche findet man einen ersten Auftritt (von den tiefen Streichern) des proklamierenden Themas, das das Finale dominieren wird.

Die Streicher spielen das erste Thema in einem von manchen Sibelius-Anhängern so bezeichneten Rondo, andere bestehen darauf es hätte Sonatenstruktur. Es ist eine schwirrende und summende Angelegenheit, die im heroischen, zweiten Thema für Hornpaare gipfelt, welche in Triolen ganze Noten spielen. Das Momentum wird aufrecht erhalten, während die beiden Themen einen komplexen Kurs durch verschiedene Tonarten und ungeheuren Dissonanzen nehmen, den schließlich nur das Hornthema, von den Trompeten erneut gespielt, einer Machete im Dschungel ähnlich durchschneidet. Posaunen und Hörner gesellen sich dazu bis Sibelius Stille anordnet, der sechs Akkorde folgen, welche seine Fahrt in einen sicheren und fröhlichen Hafen einlaufen lassen.

(c) Roger Dettmer, Michael Steinberg

Kaufempfehlung:
Göteborgs Symfoniker, Dir. Neeme Järvi
Label: DGG, DDD, 1992-2005

YouTube:
Wiener Philharmoniker, Dir. Leonard Bernstein

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