BRUCKNER: Sinfonie Nr. 4 Es-Dur "Romantische"

Anton Bruckner
Lebensdaten: 4. September 1824 Ansfelden (Österreich) - 11. Oktober 1896 Wien
Werk: Sinfonie Nr. 4 Es-Dur, WAB 104 "Romantische"
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1874-88
Uraufführung: 20. Februar 1881 in Wien
Besetzung: Orchester
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde, 5 Minuten
Sätze:

  1. Bewegt, nicht zu schnell
  2. Andante, quasi allegretto
  3. Scherzo. Bewegt - Trio. Nicht zu schnell, keinesfalls schleppend
  4. Finale. Bewegt, doch nicht zu schnell

Bruckners vierte Sinfonie war diejenige, die eine Umkehr des Schicksals des Komponisten zum Besseren hin einleitete. Die Wiener Uraufführung unter Hans Richter 1880 war ein dröhnender Erfolg. Sie ermutigte den Komponisten so sehr, dass er nach einer sehr vielversprechenden Probe dem Dirigenten eine Münze in die Hand drückte mit der Anordnung sich ein Bier zu genehmigen. Bei dem Konzert wurde Bruckner nach jedem einzelnen Satz per Applaus auf die Bühne gebeten.

Die Originalfassung von 1874 wurde in ein fast völlig neues Werk umgearbeitet, die auffälligsten Änderungen waren das Ersetzen des mysteriös klingenden, ursprünglichen Scherzos mit dem nun bekannten "Jagdscherzo"; ein "Volksfest" untertiteltes Finale ersetzte das Original, nur um zwei Jahre später erneut ersetzt zu werden durch ein weniger programmatisches. Neben ausgedehnten Überarbeitungen der ersten beiden Sätze wurden diese Veränderungen in die Version eingebaut, die heute am bekanntesten ist und gespielt wird und als Version von 1878-80 bezeichnet wird. Eine weitere Überarbeitung 1887-88 durch Bruckners Schüler Löwe und Schalk ist größtenteils verschwunden.

Der Beiname "romantisch" wurde von einem Programm abgeleitet, zu dem Bruckner von Freunden überredet wurde es dem Werk beizufügen und das Bilder mittelalterlicher Ritter, Burgen, Jagd und anderer Dinge hervorrufen soll. Dass Bruckner diesen Vorschlag halbherzig annahm, kann in einer Antwort auf eine Frage bezüglich des Finales begründet liegen: "ich habe eigentlich vergessen, welches Bild ich im Sinn hatte." Und dennoch ist die Erklärung des ersten Satzes als "Mittelalterliche Stadt – Morgendämmerung – von den Stadttürmen ertönen Morgenweckrufe – die Tore öffnen sich – auf stolzen Rossen sprengen die Ritter hinaus ins Freie – der Zauber des Waldes umfängt sie – Waldesrauschen – Vogelgesang" ein wenig zutreffend. Gegen ein mysteriöses Tremolo steigt ein Hornruf auf, dem das gewichtige und heroische Hauptthema folgt; es folgt ein idyllischerer "Liedabschnitt", der an die Natur erinnert und voller Vogelgesang steckt, diesem folgt wiederum ein imposanteres drittes Thema; die Klimax des Satzes ist ein weiter, lodernder Blechbläserchoral, der die Durchführung abschließt; die Reprise endet mit den Hörnern, die kräftig die Anfangstöne der Sinfonie wiederholen gegen sich wiederholende Forte-Akkorde. Der langsame Satz, ein weich voranschreitendes Andante anstatt des üblichen Bruckner-Adagios, soll angeblich das Stelldichein zweier mittelalterlicher Liebhaber repräsentieren; dies wechselt sich ab mit einer vergeistigteren, choralähnlichen Passage und baut sich zu einer Klimax für das volle Orchester auf, die mehr Heroismus als Romantik heraufzubeschwören scheint. Das folgende Scherzo ist das vielleicht einzig unbestrittene Tongemälde der Sinfonie, eine ausgelassene, donnernde Schilderung einer mittelalterlichen Jagd, die für die Hörner einen Parforceritt darstellt; das Trio ist einer von Bruckners fesselndsten Ländlern, durchtränkt von der Heiterkeit des Landlebens. Das Finale der 1880er-Version ist ausgedehnt und episodisch und beginnt mit einem anhaltenden Crescendo einer Einführung und bricht in ein Thema aus, das aus dem Beginn der Sinfonie abgeleitet ist; ein entspanntes, reizendes zweites Thema wechselt sich mit Stellen von wagnerscher Intensität und gelegentlichen, flüchtigen Bezügen zu den vorherigen Sätzen ab; die lange Coda ist ein typischer Bruckner-Aufbau für eine volltönende Klangwand, bei der das Eröffnungsmotiv des Werks mit in die Struktur eingewoben wurde und zum Abschluss bringt, was oft als die erste von Bruckners reifen Sinfonien angesehen wird.

(c) Wayne Reisig

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