BRAHMS: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur

Johannes Brahms
Lebensdaten: 7. Mai 1833 Hamburg - 3. April 1897 Wien (Österreich-Ungarn)
Werk: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur, op. 83
Epoche: Romantik
Entstehungszeit: 1881
Besetzung: Klavier und Orchester
Uraufführung: 9. November 1881 im Redoutensaal in Budapest (Österreich-Ungarn)
Aufführungsdauer: ca. 48 Minuten
Sätze:

  1. Allegro non troppo
  2. Allegro appassionato
  3. Andante
  4. Allegretto grazioso

Korpulent, graubärtig und als Berühmtheit begann Johannes Brahms am Vorabend seines 45. Geburtstages Themen für sein zweites Klavierkonzert zu skizzieren, nachdem er von der ersten von acht Reisen nach Italien zurückgekehrt war. Er legte diese jedoch beiseite um das Violinkonzert in D-Dur zu komponieren. Da er nach seiner Sinfonie Nr. 2 immer noch in sinfonischer Stimmung war, fügte er der ansonsten traditionellen Dreisatzform des Klavierkonzerts in B noch ein Scherzo hinzu. Brahms stellte die Komposition am 7. Juli 1881 fertig.

Vor der Uraufführung in Budapest am 9. November probierte er die Musik jedoch in Meiningen mit Hans von Bülows Orchester aus, während geschlossenen Proben für anderes Repertoire. Dorthin kehrte er nach Budapest für eine öffentliche Aufführung am 27. November zurück, dirigiert von Bülow, der mit seinem ehemaligen Schwiegervater Franz Liszt über das Werk gesprochen hatte. Liszt verlangte eine Partitur und schrieb später an Brahms: "Beim ersten Lesen dieses Werks erschien es mir etwas grau in seiner Stimmung; nach und nach habe ich es jedoch zu verstehen gelernt. Es besitzt den bedeutungsvollen Charakter eines hervorragenden Kunstwerks, in dem sich Gedanken und Gefühle in noblen Harmonien bewegen." Ein tatsächliches Lob eines anerkannten Altmeisters, dessen Einladung seinem neu gegründeten "Allgemeinen deutschen Musikverein" beizutreten Brahms 1853 oberflächlich abgelehnt hatte.

Brahms baute im Aufbau einige ziemlich gewagte (für ihn) Veränderungen ein. Er gab die übliche orchestrale Exposition im Anfangssatz auf; nachdem das Solo-Horn ein sehnsuchtsvoll ausgedehntes erstes Thema mit Klavier-Arpeggi spielt, die von den Streichern erweitert werden, entfesselt der Solist eine virtuose Kadenz, die uns in die Exposition treibt. Wie aus einem Füllhorn werden zusätzliche Themen herangeschwemmt, immer vom Klavier angetrieben, was zu einer stürmischen Durchführung leitet, die das anfängliche Hornthema nie ganz außer Sichtweite lässt. Dessen offizielles Wiederauftreten läutet eine überwiegend harmlose Reprise ein. Es gibt jedoch einen brillianten Abschluss, der für Solist und Dirigent ein ernsthaftes strukturelles Problem darstellt: wie schafft man es, das anschließende Scherzo nicht antiklimaktisch oder noch schlimmer: unnötig klingen zu lassen?

Ohne den Eröffnungssatz in Allegro non troppo offenkundig zu schmälern oder zügeln, darf man ihn auch nicht bis an die Grenzen des Möglichen spielen. Der strukturelle Angelpunkt des gesamten Werks muss das Ende des Scherzo sein, ein Allegro appassionato in d-Moll mit einem weich gemaserten zweiten Thema; ansonsten würden die übrig bleibenden beiden Sätze Gefahr laufen überflüssig zu klingen. Dankenswerterweise weist das Scherzo eine brilliante Trio-Abteilung in D-Dur auf, sowie ein stürmisches Ende. Es muss aber qualvoll klingen, damit das nachfolgende Andante seine beruhigende Kraft ausströmen kann.

Das Solo-Cello beginnt und endet den dritten Satz mit einer ergreifendn B-Dur-Melodie, die Brahms fünf Jahre später in seinem Lied "Immer leiser wird mein Schlummer" wieder aufgriff. Der Mittelteil jedoch wird zunehmend ausdrucksvoll nervös bis die Klarinetten die Ruhe wiederherstellen mit einem vom Klavier begleiteten Duett rostbrauner Schönheit.

Brahms gab für sein Rondo-Finale in Hauptsatzform ein Allegretto grazioso an, obwohl es später beschleunigt, wenn die Komposition im Solo zunehmend brillianter wird, es wird aber nie bedrohlich übermächtig. Einige behaupteten "Zigeunerweisen" im Satz der Streicher zu hören; aber selbst wenn wäre es das, was die Ungarn ''Verbunkos'' nennen, unterbewusst erinnert aus Brahms' Jugendreisen mit dem Violinisten Reményi, der ihn auch das erste Mal Liszt vorgestellt hatte.

(c) Roger Dettmer

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